Neue Billigfluggesellschaft:In die USA für zehn Euro

Lesezeit: 2 min

Es gibt gute Gründe dafür, dass es bislang kaum Billigflüge für die Langstrecke gibt. Doch nun will Ryanair-Chef Michael O'Leary eine Schwesterfirma für Langstrecken starten. Die Verunsicherung in der Branche dürfte wachsen.

Jens Flottau

Ryanair-Chef Michael O'Leary will eine Billigfluggesellschaft für Langstrecken starten. O'Leary sagte dem Fachmagazin Flight International in einem Interview, Flüge über den Atlantik könnten um das Jahr 2010 herum beginnen.

Für das Vorhaben würde er eine eigenständige Fluggesellschaft gründen, die als Schwesterfirma zu Ryanair fungieren könnte.

Verwirklicht O'Leary seinen Plan, dürfte dies die Umwälzungen in der Luftverkehrsbranche weiter beschleunigen. ,,Ryanair würde die Wettbewerbslage natürlich völlig verändern'', sagt etwa Nathaniel Pieper, Allianzchef der US-Fluglinie Northwest Airlines.

Die Pläne tragen weiter zur Verunsicherung in der Branche bei, in der die bisherigen Strukturen immer mehr aufgeweicht werden. ,,Niemand weiß wirklich, wie sich der Markt in den nächsten Jahren verändern wird'', gibt Pieper zu.

Etablierte Anbieter profitieren von hohen Margen

Bislang können sich die etablierten Anbieter wie British Airways, Lufthansa und Air France-KLM auf hohe Gewinnmargen im Langstreckenverkehr verlassen, während sie in Europa längst stark unter den Druck der Billiganbieter geraten sind.

O'Leary will USA-Flüge für Preise ab zehn Euro anbieten. HypoVereinsbank-Analyst Uwe Weinreich schätzt allerdings, dass die Preise im Durchschnitt bei 300 Euro liegen müssten, damit das Unternehmen profitabel arbeitet.

Dem Ryanair-Chef zufolge würde die neue Fluggesellschaft rund 50 Flugzeuge - entweder vom Typ Boeing 787 oder Airbus A350 - bestellen. Sie würde 23 europäische Ryanair-Basen mit fünf oder sechs Zielen in den USA verbinden.

Kleinere US-Flughäfen

In Deutschland kommen damit voraussichtlich die Flughäfen Hahn/Hunsrück, Weeze (bei Düsseldorf) und Bremen in Frage, die Ryanair derzeit als Basis nutzt. In den USA will O'Leary kleinere Flughäfen in der Nähe großer Städte anfliegen, etwa Baltimore nahe Washington, Islip nahe New York oder Providence nahe Boston.

,,Mitte 2009 werden wir 70 Millionen Passagiere von 23 Basen aus in Europa transportieren'', so O'Leary. ,,Ein Deal für 40 oder 50 Langstreckenflugzeuge, mit denen wir Transatlantikziele anbinden könnten, wäre ein Leichtes für uns. Niemand könnte uns etwas anhaben.''

Mit dem Projekt würde sich O'Leary die neuen Freiheiten zunutze machen, die die Liberalisierung des Luftverkehrs zwischen den USA und Europa voraussichtlich von März 2008 an bieten wird. Dann können europäische Fluglinien aus jedem EU-Mitgliedsland unbegrenzt Flüge in die USA anbieten, die Nationalität spielt bei der Vergabe von Verkehrsrechten keine Rolle mehr.

Bislang nur vereinzelte Billigflüge auf der Langstrecke

Bislang gibt es nur wenige Versuche, das Billigflugkonzept auf der Langstrecke zu etablieren. Oasis Hongkong fliegt seit dem vergangenen Jahr täglich zwischen Hongkong und London. Die australische Virgin Blue will von 2008 an Verbindungen zwischen Sydney und der US-Westküste anbieten.

Kritiker merken an, dass das Billigflugkonzept auf Langstrecken schwieriger durchzusetzen ist. Einer der größten Vorteile, die hohe tägliche Nutzung der Flugzeuge, sei auf Transatlantikstrecken nicht zu halten, so Air France-Allianzchef Dominique Patry.

Auch müssten die Fluggesellschaften ihren Passagieren auf Langstrecken mehr Platz bieten, die hohen Fluggastzahlen pro Flugzeug seien nicht mehr zu halten.

O'Leary will bei der neuen Fluggesellschaft deutlich mehr Komfort bieten als bei Ryanair. So soll die noch unbenannte Fluglinie auch eine ,,Premium-Klasse'' anbieten, die vergleichbar ist mit einer Business Class.

Zusätzliches Geld über Bordunterhaltungsprogramm

Zusätzliches Geld verdienen will O'Leary über das Bordunterhaltungsprogramm sowie zollfreien Verkauf von Waren während des Fluges.

Der Ryanair-Chef sagte, er wolle selbst eine Rolle bei der Gründung der Fluggesellschaft spielen, werde aber wahrscheinlich nicht ihr Vorstandschef.

Das Startkapital für das Projekt zu finden, ist seiner Ansicht nach kein Problem. ,,Es gibt jede Menge Investoren, die ein starkes Interesse an Billigflügen auf der Langstrecke haben'', so O'Leary. ,,Geld brauchen wir am wenigsten.'' Die Startkosten für das Projekt schätzt er auf 200 Millionen Euro.

© SZ vom 13.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: