Nahaufnahme:Durchhalteparolen

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"Lassen Sie sich bitte von den öffentlichen Spekulationen nicht irritieren." Postbank-Chef Frank Strauß in einem Brief an die Mitarbeiter. (Foto: dpa)

Postbank-Chef Frank Strauß war einst ein erfolgreicher Eishockeyspieler, jetzt muss er seine Mitarbeiter beruhigen. Was wird aus dem Institut?

Von Harald Freiberger

Der Eishockey-Profi Frank Strauß war als Spieler sehr mannschaftsdienlich. In den Jahren 1989 bis 1998 stürmte er in der Zweiten Bundesliga für den ECD Sauerland, den ERC Westfalen Dortmund und den EC Bad Nauheim. In 303 Spielen erzielte er 67 Tore und gab 129 Vorlagen, was zeigt, dass er lieber seine Mitspieler einsetzte, als selbst abzuschließen. Mit 28 Jahren beendete er seine Eishockey-Laufbahn, um sich ausschließlich der beruflichen Karriere zu widmen. Bei der Deutschen Bank war Strauß im Jahr 1998 ein aufgehender Stern.

Sein Weg führte ihn bis an die Spitze der Postbank, die die Deutsche Bank 2008 übernommen hatte. Dort steht er derzeit im Mittelpunkt von Spekulationen. Die Deutsche Bank will die Postbank offenbar wieder loswerden. An diesem Freitag präsentiert der Vorstand dem Aufsichtsrat ein Konzept zur künftigen Strategie. Nach allem, was bisher nach außen drang, ist der Verkauf der Postbank über die Börse am wahrscheinlichsten. Es könnte auch sein, dass ein größeres Aktienpaket an einen ausländischen Interessenten geht, im Gespräch sind die spanische Großbank Santander und die französische BNP Paribas.

Für Strauß, 45, ist die Situation sehr herausfordernd, wie man in der Manager-Sprache sagt. In der Postbank herrschen Angst und Unsicherheit. Vor sieben Jahren wollte die Post ihre Finanztochter loswerden. Als die Deutsche Bank zugriff, glaubte man sich in guten Händen. Nun geht das Ganze von vorne los. Die Hoffnungen der Deutschen Bank, mit der Postbank ihre Einnahmen auf eine breitere Basis zu stellen, haben sich nicht erfüllt. Sie darf nicht auf deren Einlagen zurückgreifen, weil die Finanzaufsicht dagegen ist. Außerdem bindet sie zu viel Eigenkapital und wirft zu wenig Rendite ab.

In dieser Lage ist die Mannschaftsdienlichkeit von Frank Strauß gefragt. Doch viel mehr als Durchhalteparolen kann er seinen Beschäftigten nicht bieten. "Lassen Sie sich bitte auch weiterhin von den öffentlichen Spekulationen zur Strategie nicht irritieren", schrieb er jüngst in einem Mitarbeiterbrief. "Unser zukunftsfähiges Geschäftsmodell trägt uns auch durch schwierige Zeiten."

Strauß hat bei der Deutschen Bank eine steile Karriere hingelegt. Sein Weg führte ihn von der Filiale Paderborn in die Frankfurter Zentrale, wo er im Privatkundengeschäft immer mehr Verantwortung übernahm. Ende der 1990er-Jahre baute er die Deutsche Bank 24 mit auf, in die das Privatkundengeschäft ausgelagert wurde - was sich bald als Fehler herausstellte. Wenig später wurde der Bereich wieder integriert. Von 2003 bis 2005 baute Strauß von Mumbai aus das Privatkundengeschäft in Indien, China und Vietnam auf. Danach kehrte er zurück in die Zentrale, wurde 2009 Vertriebsvorstand der Postbank und 2012 ihr Chef.

Als er kam, gab es in der Belegschaft Sorgen, er könnte mit dem eisernen Besen durchkehren. Diese Ängste bestätigten sich zunächst nicht, die Arbeitnehmervertreter waren mit ihm zufrieden. Zuletzt aber häuften sich die Konflikte. Die Postbank lehnt es ab, einem großen Teil der Belegschaft Jobgarantien bis 2020 zu geben. Deswegen gibt es seit dieser Woche unbefristete Streiks. Auf der anderen Seite scheint der Deutsche-Bank-Vorstand über seinen Kopf hinweg zu entscheiden, was aus der Postbank wird. Es heißt, er favorisiere den Verkauf eines größeren Aktienpakets an der Börse. Das Vorhaben gilt als leichter umsetzbar als ein Verkauf oder eine Abspaltung des gesamten Privatkundengeschäfts, die auch im Gespräch ist. Vor allem aber könnte Strauß so am ehesten seinen Job behalten, denn seine Zukunft ist genauso unsicher wie die der Postbank-Mitarbeiter.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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