Nachruf:Der ehrbare Banker vom Steigerwald

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Albrecht Fürst zu Castell-Castell starb mit 90 Jahren. 2008 sagte er, er vermisse "die alten, bewährten und zeitlosen Grundsätze des Bankkaufmann-Berufs". (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Mit 90 Jahren ist Fürst Albrecht zu Castell-Castell, der Banker vom Steigerwald, in der Nacht zum Montag gestorben. Er zog gerne Vergleiche zwischen Banken und Bäumen. Beide brauchen Zeit.

Von Harald Freiberger

Bis ins hohe Alter empfing Fürst Albrecht zu Castell-Castell Besucher in seinem Schloss im Steigerwald, 30 Kilometer östlich von Würzburg. Den Schnauzbart akkurat gestutzt, vornehm-leger gekleidet tat er das, was er am liebsten tat: Er dozierte über Ethik in der Wirtschaft, über den ehrbaren Kaufmann und darüber, wie man durch solides Bankgeschäft ein Vermögen über Generationen erhält. In der Nacht zum Montag ist er im Alter von 90 Jahren gestorben.

Schon mit 20 Jahren musste Albrecht zu Castell-Castell, aus dem Krieg heimgekehrt, Verantwortung für eines der größten und traditionsreichsten Adelsgüter Deutschlands übernehmen. Sein Vater war zuvor gestorben, der Bruder im Krieg gefallen. Mehr als 50 Jahre lang leitete er das Unternehmen, das in drei Sparten tätig ist: Land- und Forstwirtschaft, Weinbau und im Finanzgeschäft über die Fürstlich Castell'sche Bank. Nachhaltiges Wirtschaften praktizierte er bereits, als das Wort in Deutschland noch gar nicht bekannt war.

Seine Spezialität war es, Quervergleiche zwischen den Bereichen zu ziehen, zwischen Bäumen und Banken. "Wie ein gesunder Wald nicht über Nacht aus dem Boden schießt, braucht es auch in der Finanzwelt sehr viel Zeit, um Vertrauen aufzubauen", sagte er, als im Jahr 2008 die Finanzkrise ausbrach. Sein Institut blieb davon verschont, weil es immer nach dem Prinzip geführt worden war, nicht in Dinge zu investieren, die man nicht kennt, und keine zu großen Risiken einzugehen. Der Fürst vermisste die "alten, bewährten und zeitlosen Grundsätze des Bankkaufmann-Berufs: Treue und Wahrhaftigkeit".

Er engagierte sich auch in der evangelischen Landeskirche, tat viel für die Aussöhnung von Christen und Juden. In der Kirche gehörte er zu den konservativen Stimmen. Vor wenigen Jahren machte er noch einmal auf sich aufmerksam, als er sich gegen Frauen als Bischöfinnen und Homosexuelle im Priesterberuf aussprach. "Wir als Kirche und Gesellschaft lösen uns selbst auf, wenn wir sagen: ist doch völlig egal, ob sich junge Menschen ins andere oder ins gleiche Geschlecht verlieben. Ich finde das nicht gut", sagte er.

Über manche seiner Grundsätze war auch die Zeit hinweggegangen. Doch das ändert nichts daran, dass der Fürst, der in Unterfranken eine regionale Größe war, mit seinen Unternehmer-Prinzipien weit über die Region hinaus wirkte.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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