Nach jahrelangem Ringen:Russland tritt der WTO bei

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Mit dem Beitritt Russlands entsteht aus der WTO ein globales Gremium aller großen Staaten der Welt. Für Russlands Handelspartner könnte es in Zukunft einfacher werden.

Alexander Hagelüken

Das russische Wirtschaftsministerium bestätigte am Freitag, dass nach 13 Jahren wesentliche Hindernisse für den Beitritt ausgeräumt seien. Die Regierung in Moskau habe mit der lange skeptischen US-Regierung ein Abkommen erzielt, das die Aufnahme Russlands vorsehe, hatte zuvor bereits der Chef der russischen Industriellenvereinigung, Alexander Schochin, erklärt.

Auch Russlands Häfen sollen vom Beitritt des Landes zur WTO profitieren. (Foto: Foto: dpa)

Der russische Vize-Wirtschaftsminister Andrej Scharonow berichtete ebenso von einem Durchbruch wie EU-Diplomaten. Wenn die US-Regierung zustimmt, ist der Weg für Russland frei.

Von einem Beitritt wird ein konjunktureller Impuls für viele Staaten erwartet. Die Regierung in Moskau muss ihre Zölle für ausländische Industriegüter auf durchschnittlich etwa acht Prozent senken, wodurch auch europäische Staaten mehr nach Russland exportieren können.

Sicherheit für den Westen

Gleichzeitig muss der Westen auf längere Zeit nicht damit rechnen, von billigen russischen Industrieprodukten überschwemmt zu werden. Zwei Drittel der heutigen russischen Exporte bestehen aus Öl und Gas.

Für das Land selbst erwartet die Weltbank durch einen Beitritt mittelfristig jährliche wirtschaftliche Vorteile von 19 Milliarden Dollar. 99 Prozent aller russischen Haushalte profitierten von einer Mitgliedschaft, schätzt die Weltbank.

Der Beitritt Russlands als 151. Mitglied würde die erste wahrhaft globale Wirtschaftsorganisation entstehen lassen, weil nun alle große Nationen in der WTO versammelt wären.

China war im Jahr 2001 Mitglied geworden. Damit könnte die Organisation zu einem Forum werden, in dem alle Arten von Globalisierungsfragen besprochen werden.

Die westlichen Industrienationen erhoffen sich zudem, dass Russland durch die Einbindung zu einem verlässlicheren Wirtschaftspartner wird.

"Russland kann westliche Energiekonzerne nicht mehr so einfach aus dem Land werfen, wenn es in der WTO ist", sagte ein EU-Diplomat. Auch werde die Versorgung mit russischem Öl und Gas, von dem die EU-Staaten zu einem Viertel abhängen, durch einen Beitritt sicherer.

Strenge Auflagen

Die WTO-Bestimmungen regeln eine Fülle von Einzelfragen. Unter anderem müssen Exporte aus anderen Nationen fair behandelt werden. Russland kann seine Unternehmen auch nicht mehr nach Belieben subventionieren.

Der WTO-Beitritt soll bei einem Treffen des amerikanischen Präsidenten George W. Bush mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin besiegelt werden. "Wir hoffen, dass die beiden Präsidenten die Verhandlungen Anfang kommender Woche abschließen können", erklärte der russische Vize-Wirtschaftsminister Scharonow am Freitag. Bush will auf seinem Weg zum Asiatischen Wirtschaftsforum in Hanoi am 18. und 19. November in Moskau Station machen.

Streitpunkt Raubkopien

Die US-Regierung hatte zuletzt vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Petersburg im Juli den russischen WTO-Beitritt verhindert. Hauptstreitpunkt war bisher der Schutz geistigen Eigentums. In Russland werden Millionen DVDs und CDs amerikanischer Film- und Musikkonzerne gefälscht.

Gestritten wurde auch noch über die Öffnung des Banken- und Versicherungswesens sowie die zulässige Höhe von Agrarsubventionen. Das US-Handelsministerium hatte aber bereits Ende Oktober erklärt, die wesentlichen Probleme seien ausgeräumt. Der russische WTO-Chefunterhändler Maxim Medwedkow äußerte sich am Freitag dagegen noch skeptisch.

© SZ vom 11.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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