Nach Doping-Skandal:Adidas plant Ausstieg als Sponsor bei T-Mobile

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Nach dem jüngsten Doping-Skandal im Team T-Mobile erwägt Sportartikel-Hersteller Adidas seinen Rückzug als Sponsor. Ein deutscher Autokonzern spielt mit dem gleichen Gedanken.

Uwe Ritzer

Nach dem neuerlichen Doping-Fall um T-Mobile-Fahrer Patrik Sinkewitz verliert der Radsport zunehmend den Rückhalt in der Wirtschaft. Audi und Adidas bereiten ihren Ausstieg als Sponsoren des T-Mobile-Teams vor. Der Sportartikelhersteller will sich sogar ganz aus dem Straßenradsport verabschieden.

"Wir befassen uns derzeit sehr ernsthaft mit dem Gedanken an einen Ausstieg aus unseren Sponsoring-Aktivitäten'', bestätigte Adidas-Kommunikationschef Jan Runau der Süddeutschen Zeitung.

Davon betroffen wäre auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR), dessen Nationalmannschaften bei Europa- und Weltmeisterschaften bislang in Trikots, Hosen und Schuhen der Drei-Streifen-Marke aus dem fränkischen Herzogenaurach an den Start gehen.

Auch der französische Verband und seine Fahrer werden von Adidas ausgerüstet. Nun hat der weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller den Glauben an die Erneuerung des Radsports offenbar aufgegeben. Die jüngsten Vorgänge um Sinkewitz würden die Frage aufwerfen, "ob ein Neuanfang im Radsport tatsächlich realistisch erscheint'', so Runau.

Der Ausstieg beim T-Mobile-Team scheint bei Adidas bereits beschlossene Sache zu sein. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Unternehmenskreisen erfuhr, will der Konzern nur noch die B-Probe von Sinkewitz und letzte Gespräche mit der Deutschen Telekom abwarten, ehe er den Rückzug vollziehen wird.

Dabei geht es offenkundig nur noch um die Art und Weise der Trennung. Dem Vernehmen nach will Adidas die Sponsoringverträge im Einvernehmen mit der Telekom lösen, da man nicht das Unternehmen, sondern das Doping-Kartell im Radsport treffen wolle, hieß es.

Die beiden Konzerne arbeiten in Sachen Sportsponsoring auch beim FC Bayern München und der deutschen Fußballnationalmannschaft eng zusammen. Runau bestätigte, dass man "nicht erst seit dem jüngsten Dopingfall um Patrik Sinkewitz'' miteinander im Gespräch sei.

Insgesamt sponsert der Sportartikelhersteller den Telekom-Profirennstall unbestätigten Informationen zufolge mit etwa einer halben Million Euro pro Jahr. Runau wollte dazu keine Angaben machen.

Audi will das Engagement "besonders kritisch prüfen"

Die Audi AG stellt bei der laufenden Tour de France etwa zwei Dutzend kostenlose Begleitfahrzeuge für das T-Mobile-Team. Im Herbst, so eine Audi-Sprecherin, werde man dieses Sponsoring-Engagement "angesichts der jüngsten Vorfälle natürlich besonders kritisch überprüfen''. Einen Rückzug schloss sie nicht aus.

Für den Radsport hierzulande wäre dies ein weiterer herber Rückschlag. Ein großer Sponsor nach dem anderen zieht sich zurück. Während die Telekom ihre Entscheidung über die Zukunft des T-Mobile-Teams auf die Zeit nach der Tour de France vertagt hat, hat der Geflügelfleischfabrikant Wiesenhof seinen Rückzug von dem nach ihm benannten Rennstall zum Jahresende angekündigt.

2006 verabschiedete sich der Schraubenhändler Würth, der zuvor beim Rennstall Astana auch im Namen präsent war. Vorerst weiter im Rennen bleibt der Sportartikelhersteller Nike. Der Branchenführer aus den USA war jahrelang Sponsor des von Doping-Gerüchten umwehten siebenmaligen Tour-de-France-Siegers Lance Armstrong und seines Teams Discovery Channel.

Bei der laufenden Tour ist Nike einer der Hauptsponsoren und zudem Ausrüster mehrerer Rennställe. Das soll vorerst auch so bleiben. Amerikanische Zeitungen berichteten vor wenigen Tagen, Nike wolle weiter als Sponsor im Profiradsport und bei der Tour vertreten sein.

Hingegen kommt der bevorstehende Ausstieg von Adidas nicht überraschend. Bereits als der damalige Radstar Jan Ullrich 2003 erstmals unter Doping-Verdacht geriet, kündigte ihm Adidas den Sponsorenvertrag. Seither schloss das Unternehmen keinen Kontrakt mehr mit einem einzelnen Radprofi ab.

Konzernchef Herbert Hainer erklärte kurz vor dem diesjährigen Tourstart, man werde vor einem Rückzug die weitere Entwicklung genau verfolgen. Der Dopingfall Sinkewitz ist nun offenbar ausschlaggebend. Adidas beziehe eindeutig Position gegen Doping, sagt Kommunikationschef Runau.

Dies lasse sich auch daran ablesen, dass der Sportartikelhersteller nach der Deutschen Telekom mit einem sechsstelligen Betrag der zweitgrößte Sponsor der nationalen Doping-Agentur Nada sei.

Beim zweitgrößten deutschen Sportartikelhersteller Puma ist man hingegen nach Aussage eines Sprechers "froh, dass wir uns die Frage nach dem Ausstieg nicht stellen müssen''. Denn Puma ist im Radsport nicht vertreten.

Auch die Deutsche Telekom solle sich daraus verabschieden, und zwar schnell, riet der Markenexperte Bernd M. Michael. "Wenn unternehmensstrategisch die Absicht besteht, dieses Geld umzuleiten, dann jetzt'', sagte der ehemalige Europa-Chef der Agentur Grey der dpa.

Andernorts im Sport hegt man bereits die Hoffnung, Nutznießer der Situation zu werden. So dachte Uli Hoeneß, Manager des FC Bayern München, bereits laut darüber nach, dass der Haupt- und Trikotsponsor des Clubs seine PR-Aktivitäten nunmehr noch stärker als ohnehin schon geplant ausweiten könnte, da zusätzliche Mittel frei würden.

© SZ vom 20.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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