Modeindustrie:Ladenhüter

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Modenschau in Mailand: Noch beschäftigt die Bekleidungsindustrie 21 900 Menschen in Deutschland. (Foto: TIZIANA FABI/AFP)

In der Corona-Krise bricht der Umsatz von Modefirmen ein. Der Verband befürchtet einige Insolvenzen.

Wochenlang mussten Modeläden wegen der Corona-Krise schließen, viele Geschäftsreisen fielen flach, feierliche Anlässe ebenso: All das setzt der Bekleidungsindustrie in Deutschland zu. "Die Corona-Pandemie hat die Modebranche in eine tiefe Krise gestürzt", sagt Gerd Oliver Seidensticker, Präsident des Verbandes German Fashion in Köln.

In der ersten Hälfte dieses Jahres hat die Kleidungsindustrie hierzulande gut 2,3 Milliarden Euro umgesetzt - fast 20 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, meldet das Statistische Bundesamt. Besonders hart treffe die Krise die Hersteller klassischer Businessklamotten, "insbesondere im Herrenbereich", so Seidensticker: "Hier fehlten die Anlässe zur Zeit des Shutdowns, Home-Office und Anzug passen nicht zusammen." Seidensticker ist Gesellschafter des gleichnamigen Hemden- und Blusenherstellers aus Bielefeld.

Deutschland importiert einen Großteil seiner Kleidung aus Staaten wie China oder Bangladesch. Zugleich werden mehr und mehr Klamotten in Onlineshops verkauft, die im harten Preiswettbewerb stehen, statt in Läden in den Innenstädten. Hierzulande zählt die Modebranche noch 21 900 Beschäftigte, so das Statistische Bundesamt, sechs Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Viele Firmen seien nun auf Hilfe vom Staat angewiesen, sagt Seidensticker, "in einigen Fällen werden Insolvenzen nicht zu verhindern sein".

Beispielsweise hatte die Hamburger Modemarke Tom Tailor im Juni Insolvenzantrag gestellt und gab im Juli ihren Verkauf an den chinesischen Fosun-Konzern bekannt. Die Münchner Damenmodefirma Hallhuber rettete sich im April in ein Schutzschirmverfahren, um eine Pleite abzuwenden. Der einstige Mutterkonzern Gerry Weber hatte bereits im vorigen Jahr ein Insolvenzverfahren durchlaufen, gut ein Viertel seiner eigenen Läden geschlossen und Arbeitsplätze abgebaut. Zwar melden die Westfalen nun abermals einen Halbjahresverlust von 34 Millionen Euro; im Vorjahreszeitraum hatte das Minus freilich noch 144 Millionen Euro betragen.

Auch an der Börse haben Modekonzerne an Wert verloren. So notiert die Aktie der M-Dax-Firma Hugo Boss nur noch etwa halb so hoch wie zu Beginn des Jahres. Die Schwaben haben sich vorsorglich staatlich besicherte Darlehen gesichert. Hugo Boss hat im vergangenen Quartal Millionenverluste verbucht, nach Gewinnen im Vorjahreszeitraum. Dass Online-Modehändler hingegen von der Krise profitieren, zeigt die Aktie von Zalando, ebenfalls im M-Dax notiert: Das Berliner Unternehmen ist an der Börse etwa anderthalbmal so viel wert wie zu Jahresbeginn. Denn prozentual gesehen hat Zalando in den vergangenen Monaten so viele Kunden neu hinzugewonnen wie seit fünf Jahren nicht mehr.

© SZ vom 22.08.2020 / ikt - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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