Modeindustrie:Ein Abschied in Moll

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Ein Bild aus besseren Zeiten: Models auf dem Laufsteg von Hugo Boss während der Fashion Week in Mailand im vergangenen September. (Foto: imago)

Der schwäbische Konzern Hugo Boss streicht die Dividende und sucht weiter einen neuen Chef.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Zum Abschied lässt die Regie von Hugo Boss schwere Piano- und Streich-Musik erklingen. Die getragenen Klänge untermalen eine Modenschau, das Filmchen soll die Wartezeit auf das Abstimmungsergebnis überbrücken. Die tristen Töne passen perfekt zur Stimmung des Modekonzerns Boss. Vor allem die Aktionäre hatten bei der virtuellen Hauptversammlung am Mittwoch wenig zu lachen. Ihre Dividende wurde von geplanten 2,75 Euro auf vier Cent pro Aktie zusammengestrichen. "Uns ist bewusst, dass Sie das enttäuscht", sagte Vorstandschef Mark Langer. Aber die Entscheidung sei "zwingend" angesichts der "sehr starken Belastungen", die Boss bevorstehen.

Es war sowohl für Langer als auch für den Aufsichtsratsvorsitzenden Michel Perraudin das letzte Aktionärstreffen in Diensten des Metzinger Modekonzerns. Während der 73-jährige Chef-Aufseher aus Altersgründen aufhört, muss der Geschäftsführer wegen andauerndem Pech vorzeitig gehen. Während der aktuellen Sanierung kam ihm auch noch die Corona-Pandemie dazwischen, entsprechend düster klang sein Ausblick: "Wir müssen uns auf ein sehr schwieriges zweites Quartal einstellen." Der Umsatzeinbruch werde noch größer sein als in den ersten drei Monaten, er geht von "mindestens 50 Prozent" aus.

Als Gründe nannte er: Derzeit sind 40 Prozent aller Boss-Läden weltweit geschlossen, und die offenen Shops leiden unter "zurückhaltendem Kaufverhalten". Mit einer "spürbaren" Verbesserung rechne er "frühestens" im dritten Quartal - diese werde aber nur "sukzessive" eintreten.

Das Virus hat Boss in die Verlustzone getrieben und der Aktienkurs sank im März auf ein Zehn-Jahres-Tief bei 21 Euro. Am Mittwoch reagierte die Börse trotz der schlechten Aussichten aber positiv: Das MDax-Papier stieg um sechs Prozent auf 26 Euro. Zuletzt machten Gerüchte die Runde, wonach die Schweizer Bank UBS den verdeckten Einstieg eines Investors vorbereite. Aufsichtsratschef Perraudin erklärte, er habe "keine Erkenntnisse" dazu.

Der ehemalige Adidas-Manager legte sein Amt als Chef des Kontrollgremiums mit dem Ende der Hauptversammlung nieder. Als Nachfolger rückt Hermann Waldemer auf. Der 62-Jährige gehört dem Aufsichtsrat seit fünf Jahren an, zuvor war er Finanzvorstand bei Philip Morris und Mitglied des Direktoriums bei Chrysler.

Völlig offen ist dagegen, wer nach Langers Abgang Ende September neuer Vorstandschef wird. Bei der Suche lege Boss laut Perraudin "besonderen Wert" auf Erfahrung in Markenführung, Einzel- und Großhandel. All dies gehört nicht zu den Spezialgebieten des Maschinenbauers und Betriebswirts Langer. Deshalb waren schon vor Corona immer wieder Misstöne aus Metzingen zu hören.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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