Mobilfunk:Fremdgehen wird billiger

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An Handygesprächen im Ausland verdienen Mobilfunkkonzerne fünf Milliarden Euro im Jahr. Der EU ist das zuviel: Sie will eine Preisobergrenze für Roaming-Gebühren - Urlaubsgrüße per Handy sollen mit 44 Cent pro Minute deutlich billiger werden.

Alexander Hagelüken und Thorsten Riedl

Die Deutschen können bei Mobilfunk-Gesprächen im Ausland bald Hunderte Euro im Jahr sparen. Europas Wirtschaftsminister einigten sich auf eine Preisobergrenze, um überhöhte Tarife abzuschaffen. EU-Medienkommissarin Viviane Reding rechnet damit, dass Handy-Telefonate um bis zu 70 Prozent billiger werden.

Auch am Mittelmeerstrand soll der Anruf zu Hause bald billiger sein. (Foto: Foto: dpa)

Urlauber und Geschäftsleute ärgern sich seit Jahren darüber, dass sie bei Mobilfunk-Gesprächen im Ausland abkassiert werden. Für die Nutzung der ausländischen Netze verlangen die Telefonfirmen hohe Zusatzgebühren, gegen die sich Verbraucher nicht wehren können.

Konzerne wie Vodafone oder Telefonica (Spanien) verdienen durch die Roaming-Gebühren zusammen etwa fünf Milliarden Euro im Jahr. Reding will diese Einnahmen möglichst auf null reduzieren.

Die 27 EU-Staaten verständigten sich auf der Computermesse Cebit grundsätzlich auf Redings Vorschlag, eine Obergrenze für die Preise einzuführen. Reding denkt an 44 Cent pro Minute. ,,Wir können das nicht dem Markt überlassen, der ist damit überfordert'', sagte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Bisher verlangten die Mobilfunk-Betreiber Gebühren, die weit höher als die Kosten seien. ,,Wir brauchen schnell einen Schutztarif für Konsumenten'', forderte die EU-Kommissarin.

Von der Preissenkung würden 150 Millionen Touristen profitieren. Allein die Urlaubssaison bringt den Konzernen nach Brüsseler Angaben bisher drei Milliarden Euro Roaming-Gebühren. Heute zahlen die Europäer nach EU-Informationen im Schnitt 1,50 Euro pro Minute, wenn sie vom Ausland aus in der Heimat anrufen.

Redings Schutztarif von 44 Cent soll ohne Vereinbarung automatisch gelten. Wer mit einem speziellen Angebot noch günstiger telefonieren kann, könnte weiterhin solche Tarife wählen. Die Höhe des Schutztarifs ist noch umstritten. So schlägt Glos eine Obergrenze von 50 Cent vor, die stufenweise reduziert werden solle. Auch für ankommende Anrufe soll es eine Obergrenze geben.

Reding hofft auf eine endgültige Einigung im Juni, damit die Europäer bereits im Sommerurlaub billiger telefonieren können. Dieser Optimismus wird von Glos gedämpft, da die Mitgliedsstaaten und das Europaparlament Redings Gesetz beschließen müssen.

Hartnäckigen Widerstand leistet bisher die Regierung Großbritanniens, wo Europas größter Mobilfunkanbieter Vodafone angesiedelt ist. Vodafone hat nach Branchenangaben eigene Netze in zehn Staaten aufgebaut und gilt daher als größter Profiteur des Roamings.

Die britische Wirtschaftsministerin Margaret Hodge forderte nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in der internen Sitzung, die Preisobergrenze erst später einzuführen. Außerdem verlangte die Britin, der Schutztarif solle nicht automatisch gelten, sondern nur wenn ihn ein Kunde ausdrücklich fordere. Dies lehnen Reding und Glos ab.

Die britische Ministerin soll außerdem gewarnt haben, dass eine starre Preisobergrenze den Wettbewerb ausschalte. Die Mobilfunkkonzerne könnten versuchen, die Einbußen beim Roaming durch höhere Gebühren für Inlandsgespräche auszugleichen.

Die Mobilfunk-Betreiber kritisierten die Einigung. Vodafone warnte, die geplante Regulierung bringe den Wettbewerb zum Erliegen. O2 nannte die Regulierung ,,unangemessen und ungerechtfertigt''.

Die Mobilfunktochter der Deutschen Telekom erklärte, die Preise seien in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt worden. Die Telekom veranschlage derzeit 59 Cent pro Minute. Martin Gutberlet vom Marktforschungshaus Gartner erwartet Umsatzeinbrüche für die Unternehmen.

Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Kunden im Ausland durch die Neuregeln viel mehr telefonieren, wie die Mobilfunkfirmen hofften.

© SZ vom 16.03.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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