Mischkonzern Sistema will Aktienpaket:Russen offiziell an Telekom interessiert

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Erstmals hat Russland offiziell auf der Cebit Interesse an einem Einstieg bei der Deutschen Telekom geäußert. Der russische Telekommunikationsminister Leonid Reiman rechnet aber mit schwierigen Gesprächen.

Markus Balser

,,Russland will seine Abhängigkeit vom Rohstoffgeschäft reduzieren und zum Hightech-Standort werden'', kündigte Reiman an. Dazu schaue man sich auch im Ausland um. Die Regierung in Moskau prüfe deshalb den Einstieg russischer Firmen bei europäischen Großkonzernen - darunter auch bei der Deutschen Telekom.

ISDN-Leitungen in einem Telekom-Verteilerkasten: Der Bundesnachrichtendienst befürchtet Sicherheitsprobleme, sollte der russische Konzern Sistema in großem Stil bei der Telekom einsteigen. (Foto: Foto: ddp)

Er könne zwar nicht sagen, in welchem Stadium sich die Gespräche des Mischkonzerns Sistema über eine Beteiligung am Bonner Konzern seien, sagte Reiman. Er halte die Bestrebungen aber für richtig.

Eine Partnerschaft wäre für beide Seiten positiv. Der russische Telekom-Minister rechnet mit harten Verhandlungen: ,,Man sollte keine einfachen Lösungen erwarten.''

Sistema ist der größte private Mischkonzern in Russland und vor allem in der Telekommunikation aktiv, aber auch in der Medienbranche, bei Versicherungen und Immobilien.

Interesse bereits im vergangenen Jahr

Das Unternehmen hatte bereits im vergangenen Jahr sein Interesse an einem Einstieg bei der Telekom bekundet. Das Unternehmen des Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow hatt e im Herbst 2006 gegenüber der Telekom kund getan, es wolle ein Paket von bis zu zwanzig Prozent der Aktien erwerben und könne als Gegenleistung seine Telefonsparte MTS in eine Allianz mit der Telekom einbringen.

Die Bundesregierung, die selber und über die Staatsbank KfW immer noch fast 32 Prozent der Telekom-Aktien hält, lehnte das Geschäft damals ab. Es sei ,,in dieser Form und dieser Höhe derzeit kein Thema", hieß es im November.

"Schlechtes Geschäft"

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte im Frühjahr einen Anteil von 4,5 Prozent an den amerikanischen Finanzinvestor Blackstone verkauft. Zum jetzigen Kurs werde Steinbrück aber keine weiteren Aktien verkaufen, hieß es im Herbst: ,,Das wäre ein schlechtes Geschäft".

Offen blieb damals, ob der Bund zu einem späteren Zeitpunkt einen Teil seiner Aktien an die Russen verkaufen könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Russlands Präsident Wladimir Putin hatten über das Geschäft bereits Mitte Oktober am Rande eines Dresden geredet.

Die Telekom hatte sich bereits in den 90er Jahren einmal mit gut 40 Prozent an der Mobilfunktochter der Sistema, MTS, beteiligt. Dem deutschen Telefonkonzern war damals in Aussicht gestellt worden, dass er irgendwann auch die Mehrheit erwerben könne; mehrere Versuche, dieses Ziel zu erreichen scheiterten, jedoch. Darauf trennte sich die Telekom wieder von ihrer Beteiligung.

"Zu stark vom Rohstoffgeschäft geprägt"

Reiman erklärte auf der Computermesse Cebit in Hannover, die russische Volkswirtschaft sei bislang noch zu stark vom Rohstoffgeschäft mit Öl und Gas geprägt, warnte Reiman am Donnerstag.

Der Anteil der Hightech-Produkte müsse deutlich wachsen. Ein ehrgeiziges Programm soll der russischen IT- und Telekomindustrie auf die Beine helfen. Bis 2010 solle sich das Volumen der High-tech-Exporte aus Russland von jährlich zwei auf zehn Milliarden Euro verfünffachen, kündigte Reiman an.

Zur gezielten Förderung der Branche würde ein Gesetz verabschiedet, das Software von der Mehrwertsteuer befreit, wenn sie für ausländische Auftraggeber entwickelt wird. Zudem sollten mehrere staatlich geförderte Technologieparks entstehen, darunter in Moskau, Nowosibirsk und in Tatarstan.

IT-Unternehmen investieren verstärkt in Russland

Ähnlich wie zuvor in Indien und China investieren wiederum internationale IT-Unternehmen derzeit verstärkt in Russland. So beschäftigt der weltgrößte Chiphersteller Intel dort bereits 1100 Entwickler.

IBM hat einen Teil seiner Entwicklung von Großrechnern nach Russland verlagert. Und Hewlett-Packard eröffnete im Februar ein Forschungszentrum in St. Petersburg.

Reiman versprach erneut Verbesserungen beim Schutz von Urheberrechten. Eine Gesetzesnovelle sei auf dem Weg, mit der Software-, Musik- und Videopiraterie effizienter bekämpft werden könnten, erklärte Reiman.

Russland gilt neben China als Land mit einem besonders großen Piraterie-Problem. ,,Es ist ein Thema und wir wissen das'', betonte Reiman.

© SZ vom 16.03.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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