Mindestlohn:Fünf Ökonomen, drei Meinungen

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Eigentlich heißt das Sprichwort: zwei Ökonomen, drei Meinungen. Bei den deutschen Wirtschaftsweisen und ihrer Haltung zum Mindestlohn träfe "fünf Ökonomen, drei Meinungen" besser.

Björn Finke

Die fünf Mitglieder des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verbreiten zum Thema Mindestlohn drei verschiedene Ansichten. Doch ein genauer Vergleich der Positionen von zumindest vier der fünf Professoren zeigt: So weit liegen sie gar nicht auseinander. Der Schnelldienst des Münchner Ifo-Instituts, der Ende der Woche erscheint, stellt zwei Beiträge der Wissenschaftler einander gegenüber; der Süddeutschen Zeitung liegen die Artikel bereits vor.

Der Gremiumsvorsitzende Bert Rürup begründet in seinem Artikel, wieso er einen Mindestlohn von 4,50 Euro fordert. Die drei Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz, Beatrice Weder di Mauro und Wolfgang Wiegard erklären gemeinsam, warum sie eine Lohnuntergrenze ablehnen. Es fehlt die Stellungnahme des fünften Mitglieds, Peter Bofinger, der sich für einen höheren Mindestlohn ausspricht. Einigkeit herrscht in den zwei Aufsätzen, dass ein "Flickenteppich branchenspezifischer Regelungen" (Rürup), wie ihn die Regierung anstrebt, die schlechteste Lösung ist: wenn schon Mindestlohn, dann ein flächendeckender.

Rürup will diesen bei 4,50 Euro festsetzen, junge Arbeitnehmer sollen aber weiterhin niedriger bezahlt werden dürfen. Die Untergrenze beträfe weniger als drei Prozent der Beschäftigten. Jobs gingen dadurch - wenn überhaupt - kaum verloren, meint der Darmstädter Professor. Das Gesetz würde verhindern, dass Firmen Angestellte sehr schlecht bezahlen und der Staat die Niedrigstverdiener mit Steuermitteln auf das Existenzminimum hieven muss. Rürups Gegenspieler bezweifeln, dass diese Praxis weit verbreitet ist.

Allerdings schreibt auch das Trio, dass ein Mindestlohn von 4,50 Euro kaum Stellen kosten würde. Sie begründen ihre Ablehnung politisch: Die Hoffnung, dass die Politik einen derart niedrigen Wert wähle, erscheine "einigermaßen naiv". Und ein höherer Satz - etwa von 7,50 Euro - koste tatsächlich viele Stellen. Rürup sieht ebenfalls die Gefahr, dass der Mindestlohn als Wahlkampfgeschenk missbraucht wird, er scheint Politikern jedoch stärker zu vertrauen. Seine drei Kontrahenten gehen auf Nummer sicher: "Diese Büchse der Pandora sollte gar nicht erst geöffnet werden."

© SZ vom 01.04.20087/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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