Milliardenübernahme:Oracle greift SAP und Microsoft an

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Oracle-Chef Ellison setzt seinen aggressiven Expansionskurs fort und kauft nach Peoplesoft und Retek nun den US-Konkurrenten Siebel.

Markus Balser

Der weltweit zweitgrößte Softwarehersteller Oracle übernimmt den verlustreichen amerikanischen Rivalen Siebel Systems für 5,85 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro).

Oracle-Chef Larry Ellison. (Foto: Foto: AP)

Der US-Konzern will schneller als bisher zum weltweiten Unternehmenssoftware-Branchenführer SAP aufschließen. In diesem Jahr hat Oracle bereits ein halbes Dutzend Softwarefirmen geschluckt. Im Januar übernahm der Konzern den Konkurrenten Peoplesoft für 10,3 Milliarden Dollar und später die Softwarefirma Retek für 631 Millionen Dollar. Bei Retek hatte Oracle den Rivalen SAP in einer Übernahmeschlacht ausgebootet.

Die Übernahme von Siebel soll Anfang 2006 vollzogen werden. Mit der zunehmenden Betonung von Anwendungssoftware will Oracle die starke Abhängigkeit vom Datenbankengeschäft vermindern. Dort ist Oracle unumstrittener weltweiter Marktführer.

Kundenmanagement-Software

Oracle bezifferte das Gesamtvolumen des Geschäfts auf 5,85 Milliarden Dollar. Nach Abzug von Siebels Barbeständen in Höhe von 2,24 Milliarden Dollar bleibe ein Kaufpreis von 3,61 Milliarden Dollar. Mit der Übernahme steigt Oracle zum weltgrößten Hersteller von Kundenmanagement-Software auf.

Das Siebel-Board habe bereits für die Übernahme gestimmt, teilte Oracle weiter mit. Auch Firmengründer und -chef Tom Siebel hat zugestimmt, seine Aktien an Oracle zu verkaufen. Für das Votum der Siebel-Aktionäre werde eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Ihnen will Oracle 10,66 Dollar je Aktie in bar zahlen - ein Aufschlag von 16,75 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag. Eine Zustimmung der Oracle-Aktionäre sei nicht erforderlich. Allerdings dürften die Wettbewerbsbehörden den Kauf genau unter die Lupe nehmen.

Siebel Systems mit Sitz im kalifornischen San Mateo gilt seit längerem als Übernahmekandidat, für den sich auch Oracle schon vor einiger Zeit interessiert hatte. SAP dagegen hatte mitgeteilt, nicht an einem Kauf interessiert zu sein.

Unter Druck

Ende der neunziger Jahre zählte Siebel Systems zu den Top-Unternehmen des Silicon Valley. In den vergangenen Jahren bekam die Firma den zunehmenden Wettbewerb in der Branche aber deutlich zu spüren. Sowohl traditionelle Softwarehersteller wie Oracle und SAP als auch neue Unternehmen wie Salesforce.com oder RightNow Technologies setzten Siebel mehr und mehr unter Druck.

Dass Siebel ein Sanierungsfall ist, schreckt Oracle nicht ab. Erbittert kämpfen die Konkurrenten derzeit um Marktanteile bei Firmensoftware. Denn in der Unternehmens-IT vollzieht sich derzeit ein technischer Paradigmenwechsel, der sich nur mit dem Wechsel vom Großrechner zum PC in den achtziger Jahren vergleichen lässt. Die vorherrschenden Server-Systeme, in denen ein Großrechner speziell für einen Anwender eingerichtet wird, werden in den kommenden Jahren von leistungsfähigen IT-Fabriken abgelöst, die Rechnerkapazitäten wie Strom aus der Steckdose anbieten sollen.

Um die hochspezialisierte Unternehmenssoftware an die neuen Bedingungen anzupassen, bedarf es einer weiteren Softwareschicht zwischen Großrechner und Anwendern, der so genannten Middleware. Die Konkurrenten Oracle, SAP und IBM wittern einen Milliardenmarkt für diese neue Software.

Neue Perspektiven

Oracle-Chef Larry Ellison erklärte, der Zusammenschluss eröffne dem Unternehmen neue Perspektiven. Damit werde Oracle mit einem Schlag der weltgrößte Anbieter von Software für das Management von Kunden-Beziehungen. Finanzchef Greg Maffei zeigte sich zuversichtlich, dass Oracle mit Hilfe von Siebel sein Geschäftsergebnis langfristig um 20 Prozent verbessern könnte. Ellison kündigte bereits für 2007, das erste volle Jahr nach der Übernahme, einen deutlichen Gewinnzuwachs an.

Die Börse hofft, dass sich die hohen Erwartungen erfüllen. Die Papiere von Oracle schlossen mit 13,49 Dollar um 1,58 Prozent über dem Vortag, Siebel-Papiere legten um 12,71 Prozent auf 10,29 Dollar zu. Die Ratingagenturen Moody's und Fitch stellten die langfristigen Verbindlichkeiten von Oracle unter Beobachtung für eine mögliche Herabstufung.

Eine weitere Übernahme sorgte am Montag für Aufsehen in der High-Tech-Branche. Das Internet-Auktionshaus Ebay übernimmt das Luxemburger Internettelefonie-Unternehmen Skype Technologies für rund 2,6 Milliarden Dollar. Erfüllt Skype bestimmte Zielvorgaben bis 2009, können noch einmal 1,5 Milliarden Dollar fällig werden, erklärte Ebay.

Handel erleichtern

Mit der Übernahme will der Konzern die Kommunikation zwischen Käufern und Verkäufern auf der Auktionsplattform erleichtern. So soll der Handel mit größeren Verkaufsobjekten wie zum Beispiel Autos beschleunigt werden.

© SZ vom 13.09.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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