Milliardenkredite für US-Autobauer:Detroit bekommt Hilfe

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Die amerikanische Autoindustrie erhält von der US-Regierung billige Milliardenkredite, um ihre Produktpalette schnell auf moderne, benzinsparende Modelle umzustellen.

Nikolaus Piper

Die großen amerikanischen Autobauer General Motors, Ford und Chrysler können in ihrer Existenzkrise mit großzügigen Hilfen aus Washington rechnen. Wie die gewöhnlich gut informierte Tageszeitung Detroit News berichtet, werden die Demokraten auf ihrem gegenwärtigen Parteitag in Denver (Colorado) eine entsprechende Passage in ihr Wahlprogramm aufnehmen.

General-Motors-Zentrale in Detroit: Energie- und Kreditkrise haben die Autohersteller in eine dramatische Situation gebracht. (Foto: Foto: AFP)

Obama und McCain für die amerikanische Autoindustrie

Die amerikanische Autoindustrie fordert von der Regierung billige, staatlich garantierte Kredite in Höhe von 50 Milliarden Dollar, um ihre Produktpalette schnell auf moderne, benzinsparende Modelle umstellen zu können. Die Forderung läuft auf die Verdoppelung eines Kreditprogramms hinaus, das der Kongress im Rahmen eines Energiegesetzes bereits im vorigen Jahr beschlossen hatte. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama hat sich, ebenso wie sein Konkurrent John McCain von den Republikanern im Prinzip hinter die Forderung der Industrie gestellt.

Das Verlangen nach Staatshilfen ist Ausdruck der dramatischen Situation, in die die großen Autohersteller von Detroit durch das Zusammenwirken von Energie- und Kreditkrise gekommen sind. Steigende Benzinpreise haben die Nachfrage nach energiefressenden Kleinlastern und Geländewagen (SUVs) zusammenbrechen lassen, für Investitionen in die technische Erneuerung der Industrie sind Kredite immer schwerer zu bekommen, Kostensenkungen, die die Konzerne mit der Gewerkschaft UAW vereinbart hatten, werden erst im Laufe des kommenden Jahres wirksam.

Rabatte für Kunden

Analysten rechnen damit, dass die Autoverkäufe im laufenden Monat erneut deutlich zurückgehen werden. Nach einer Studie der Branchenexperten J.D. Power werden die Absätze von GM, Ford und Chrysler um 24 bis 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgehen. Im Vergleich zu den katastrophalen Juli-Zahlen wäre das zwar eine leichte Erholung - zu erklären durch den Rückgang der Benzinpreise während der vergangenen Wochen.

Die Ergebnisse sind aber zum Teil auch dadurch geschönt, dass die Hersteller Neuwagenkäufern ungewöhnlich großzügige Rabatte gewähren. In einer groß angelegten Werbeaktion - offiziell aus Anlass des hundertjährigen Firmenjubiläums - bietet General Motors zum Beispiel allen Kunden derzeit die meisten Modelle zu Preisen an, in deren Genuss sonst nur die Mitarbeiter des Konzerns kommen; auf einige Kleinlaster gibt es zusätzliche Rabatte.

Verstärkte Lobbyarbeit in Washington

Die Zeit, in der ein Auto durchschnittlich vor einem Verkauf im Hof des Händlers steht, ist gegenüber August 2007 um vierzehn Prozent gestiegen. Auch die japanischen Hersteller werden in Nordamerika vermutlich Absatzrückgänge melden, sie dürften ihren Marktanteil aber trotzdem weiter erhöhen.

Die Demokraten haben sich in ihrem Wahlprogramm verpflichtet, "Regierung, Privatwirtschaft, Arbeiter und Wissenschaftler zusammenzubringen, um die amerikanische Industrie zu erneuern und die Hersteller von Autos und Autoteilen dabei zu unterstützen, ihre Produktionsanlagen auf fortschrittliche Technik umzustellen."

Zum Programm des Kandidaten Barack Obama gehört ein umfangreiches Investitionsprogramm, um die Energieeffizienz der amerikanischen Industrie zu erhöhen. Baracks Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, Joe Biden, warf dem republikanischen Konkurrenten John McCain vor, nur "Lippenbekenntnisse" für die Autoindustrie abzulegen. Biden ist der Sohn eines Autohändlers aus Pennsylvania und hat sich immer wieder für die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Branche eingesetzt.

Gleichzeitig verstärkt die Autoindustrie ihre Lobbyarbeit in Washington. Der Chef von General Motors, Rick Wagoner, wird Mitte September eine Rede vor dem angesehenen Economic Club in der US-Hauptstadt halten. Wie die Detroit News weiter berichten, werden die Chefs der drei großen Konzerne danach vermutlich in einem gemeinsamen Auftritt vor Kongressabgeordneten aussagen.

Die Hilfen für die Autoindustrie sind in der amerikanischen Öffentlichkeit durchaus umstritten. Einige Kommentatoren kritisieren, dass Washington nach den Banken nun auch die großen Autokonzerne rettet. David Cole, der angesehene Chef des Centers of Automotive Research, nimmt die Pläne jedoch in Schutz: "Das ist keine echte Hilfsaktion", meinte Cole. "Es ist eher so, dass sich die Regierung wie ein Banker verhält, der sich um die wichtigen Konsequenzen eines großen Versagens in der Autoindustrie kümmert."

© SZ vom 27.08.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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