Milliardendeal:Fiat künftig ohne Rückversicherer

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Die Familie Agnelli verkauft die erst 2016 gekaufte Partner Re. Die erlösten Milliarden kommen gerade recht, denn die Agnellis bauen ihre Industrieholding drastisch um.

Von C. Bellmann, H. Fromme, Köln

Die italienische Unternehmerfamilie Agnelli, die auch die Mehrheit am Fiat-Chrysler-Konzern und an Ferrari hält, verkauft den erst 2016 übernommenen Rückversicherer Partner Re an den französischen Versicherer Covéa.

Neun Milliarden Dollar (8,1 Milliarden Euro) zahlen die Franzosen an die Exor-Holding, in der die Familie ihre Finanzinteressen bündelt. 2019 kam der im Steuerparadies Bermuda ansässige Rückversicherer Partner Re auf 7,3 Milliarden Dollar Umsatz. Ein Preis von deutlich über einem Dollar pro Umsatzdollar gilt in der Branche als ordentlich, aber nicht übertrieben.

2016 hatte Exor in einer Bieterschlacht Partner Re für 6,9 Milliarden Dollar gekauft. Dahinter stand der Gedanke, es so ähnlich wie Warren Buffett zu machen: Er holt über seine zahlreichen Versicherer und Rückversicherer die Barmittel herein, mit denen er die Expansion in der Industrie finanziert. Exor-Chef John Elkann, der Enkel von Gianni Agnelli, saß seither im Aufsichtsrat von Partner Re - zusätzlich zu seinen Führungsfunktionen bei Fiat und Ferrari.

Doch mit einer einzigen Tochtergesellschaft in der Versicherungsbranche ist es nicht einfach, in Buffetts Fußstapfen zu treten. Partner Re gilt als ordentlich geführtes Unternehmen, aber die Giganten Munich Re und Swiss Re sind etwa fünf Mal so groß. Da ist der Markteinfluss der Nummer zwölf im Weltmarkt beschränkt. Dazu kommt, dass die Situation im Rückversicherungsmarkt, der Versicherung der Versicherer, kompliziert ist: Hohe Schäden und harte Konkurrenz dominieren die Situation. Zwar können die meisten Rückversicherer das durch Kapitalerträge ausgleichen, aber auch hier gibt es Druck nach unten. Erst langsam dreht sich der Preistrend nach oben.

Jetzt hat John Elkann lieber Kasse gemacht: Drei Milliarden Euro einschließlich Dividenden brachte das Engagement über vier Jahre. Der Verkauf macht aus Sinn der Agnellis auch deshalb Sinn, weil ihr Reich an Industriebeteiligungen neu geordnet wird. Da können sie neun Milliarden Dollar gut gebrauchen. Aktuell steht die Fusion von Fiat Chrysler mit dem französischen Autokonzern PSA (Citroën, Opel, Peugeot, Vauxhall) an. Neben Fiat Chrysler und Ferrari kontrolliert die Familie über Exor auch den Landmaschinen-Hersteller CNH (Iveco, New Holland, Magirus), den Fußballverein Juventus Turin und die Tageszeitungen La Repubblica und La Stampa.

Trotz des Hauptsitzes in Prembroke, Bermuda, hat Partner Re gute Beziehungen nach Frankreich. In ihrer 36-jährigen Geschichte hat die Gesellschaft zwei französische Rivalen übernommen.

Für Covéa, einen der größten Sachversicherer in Frankreich, stellt der Deal einen großen Erfolg dar. Die Gesellschaft erzielte bisher knapp 90 Prozent ihres Jahresumsatzes von 17 Milliarden Euro im Heimatmarkt. Vorstandschef Thierry Derez will das Unternehmen mit dem Kauf eines international tätigen Rückversicherers global zu diversifizieren - nach dem Motto, wenn es in Frankreich hohe Schäden durch Stürme gibt, gibt es nicht gleichzeitig teure Katastrophen in Japan oder Australien.

Derez hatte erfolglos versucht, den Pariser Rückversicherer Scor zu übernehmen, an dem Covéa 8,5 Prozent hält. Doch die Scor-Führung unter Denis Kessler wehrte sich vehement. Mit Partner Re hatte Thierry Derez jetzt mehr Erfolg.

© SZ vom 05.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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