Milliarden-Schwindel:Alle fielen auf Madoff rein

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Europäische Banken haben sich mit hohen Summen bei dem New Yorker Betrüger Bernard Madoff engagiert - zum Schaden ihrer vermögenden Kunden.

M. Koch, M. Zanchi und M. Zydra

Der mutmaßliche Milliarden-Betrug des US-Wertpapierhändlers Bernard Madoff belastet Banken und Anleger rund um den Globus. Am Montag erklärten zahlreiche namhafte Institute, dass sie wegen Anlagen bei Madoffs Investmentfonds erhebliche Verluste befürchten. Am schwersten traf es die spanische Bank Santander. Ihre Kunden könnten bis zu 2,33 Milliarden Euro bei Madoff verloren haben, der ein gigantisches "Schneeball-System" im Volumen von 50 Milliarden Dollar betrieben haben soll. Versprochene hohe Zinsen wurden mit dem Geld neuer Kunden bezahlt, denn es gab keine Gewinne. Der Fonds Optimal Strategic, der zur Santander-Gruppe gehört, habe das Vermögen bei Madoff angelegt, teilte die Bank in der Nacht zum Montag mit.

Auch britische Banken, darunter die HSBC, sind von dem Milliarden-Schwindel betroffen. (Foto: Foto: AP)

Deutsche Investoren betroffen

Auch die britischen Banken HSBC und Royal Bank of Scotland sind Opfer des Milliarden-Schwindels. Das Engagement von HSBC bei Madoff könnte sich auf bis zu eine Milliarde US-Dollar belaufen, berichtete die Financial Times unter Berufung auf informierte Kreise. Damit gehöre HSBC zu den größten Opfern.

Betroffen sind auch vermögende deutsche Investoren. Die Deutsche Bank und das Privatinstitut Hauck&Aufhäuser haben Kunden Zertifikate verkauft, deren Wertentwicklung von dem Madoff-Betrug betroffen ist. Es handelt sich um das "Reichmuth Matterhorn Zertifikat" und das "Matterhorn Index Hedge Zertifikat". Die Kunden mussten dort mindestens 50.000 Euro anlegen.

Reichmuth Matterhorn ist der Dach-Hedgefonds der Luzerner Privatbank Reichmuth. Die Zertifikate folgen in etwa der Wertentwicklung des Dachfonds. Dach-Hedgefonds streuen das Risiko, indem sie in viele Einzel-Hedgefonds investieren. Reichmuth Matterhorn hält Beteiligungen an vier Hedgefonds, "die Geschäftsbeziehungen mit Madoff unterhielten", bestätigte Christof Reichmuth, unbeschränkt haftender Teilhaber der Bank, der Süddeutschen Zeitung.

"Das war ein Selbstläufer"

Bei einem Totalverlust der Madoff-Fonds wären 8,6 Prozent des Gesamtvermögens von Reichmuth Matterhorn verloren. Entsprechend würde auch der Wert der Zertifikate fallen. Der Fonds Reichmuth Matterhorn weist seit Auflegung 1997 aber immer noch eine jährliche Rendite von 7,4 Prozent aus, auch wenn man einen Totalverlust bei den Madoff-Fonds annimmt. Deutsche Bank sowie Hauck & Aufhäuser gaben keinen Kommentar ab. "Die Madoff-Fonds waren irgendwann ein Selbstläufer. Vermögensverwalter haben sie ohne große Prüfung ins Depot gesteckt", kritisiert Rüdiger Sälzle, Geschäftsführer von Fondsconsult.

Im deutschsprachigen Raum sind von Banken auch Primeo-Hedgefonds der Pioneer Alternative Investment Management verkauft worden, die nun unter dem Madoff-Betrug leiden, berichten österreichische Medien. Aus der Branche heißt es, vermögende Privatkunden sollen hier zwischen 500 Millionen und eine Milliarde Euro investiert haben.

Unterdessen geht die Royal Bank of Scotland davon aus, dass sich der Schaden bei ihr auf 446 Millionen Euro belaufen könnte. In Frankreich bezifferte die Investmentbank Natixis den möglichen Schaden auf höchstens 450 Millionen Euro. Kunden der französischen Großbank BNP Paribas verloren bis zu 350 Millionen Euro.

Auch Krankenhäuser, Schulen und Stiftungen in den USA gehören zu den Opfern. Die Wiesel Foundation für Humanität des Holocaust-Überlebenden und Nobelpreisträgers Elie Wiesel hat offenbar schwere Verluste erlitten. Madoff war ein engagiertes Mitglied der jüdischen Gemeinde New Yorks. In der 17.Etage des eigenwillig abgerundeten Lipstick-Building in Manhattan, hinter der Fassade aus Glas und rotem Granit, soll der heute 70-Jährige selbst die ausgebufftesten Investoren getäuscht haben. US-Anwälte prüfen nun Klagen gegen Banken, die Kunden Madoff-Fonds empfohlen haben. Der Name Madoff stand viele Jahr für Vertrauen und Exklusivität. Nur Klienten, die er in Golfclubs und Verwaltungsräten ansprach, durften ihm ihr Vermögen überlassen. Nun drohen Madoff 20 Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe.

© SZ vom 16.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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