Milchindustrie:Warum israelische Butter knapp ist

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High-Tech-Betrieb im Alava-Tal: Auch die teils hochtechnologisierte Landwirtschaft in Israel kann nichts am Buttermangel ändern. (Foto: Robert Harding/Imago)

In Israel gibt es das Streichfett kaum noch aus heimischer Produktion zu kaufen. Hersteller machen die staatliche Kontrolle verantwortlich.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Ein großer Supermarkt mitten in Tel Aviv: Die Kühlregale sind voller Milchprodukte, nur bei der Butter klafft eine Lücke. "Schon wieder", schimpft eine Kundin und wendet sich an den Filialleiter, der ihr erklärt: "Wir haben Butter bei Tnuva bestellt, aber es sind nur wenige Stücke gekommen. Die waren gleich weg." Seit Monaten fehlt einheimische Butter in Israel. Tipps, wo das gelbe Gold noch zu finden ist, werden in den sozialen Medien inklusive Wegbeschreibung geteilt. Es entwickelte sich bereits ein reger Tauschhandel im Internet: "Ich habe zehn Packungen Tnuva-Butter in einem Lebensmittelladen in Moshav Ramot Meir entdeckt. Ich habe zwei gekauft und gebe eines ab gegen ein Ticket für das Nick-Cave-Konzert", postete Yochanan auf Twitter.

Ausländische Butter ist in dem Land, in dem angeblich Milch und Honig fließen, in den Regalen zuhauf zu finden: Lurpak aus Dänemark, Valio aus Finnland und Kerrygold aus Irland. Aber diese Importware kostet zwei bis drei Mal so viel wie heimische Produkte, weshalb sich viele Israelis diese Butter nicht leisten können oder wollen.

Warum herrscht so ein Mangel an israelischer Butter? Die Butterkrise zeigt die Schwächen des Wirtschaftssystems in Israel auf: Einerseits gibt es eine ausgeprägte Marktwirtschaft mit vielen High-Tech-Betrieben, andererseits werden in gewissen Bereichen, wie der Lebensmittelindustrie, staatliche Eingriffe vorgenommen. Außerdem wird die Einfuhr ausländischer Produkte beschränkt und mit hohen Zöllen belegt. Dazu kommen Oligopole. So kauft Tnuva, Israels größter Hersteller von Milchprodukten, 80 Prozent der Milch auf, mit der dann Frischkäse, Joghurt, Trinkmilch oder eben Butter hergestellt wird.

Festgelegt ist auch, wie viel der Kunde für Butter zahlen muss

Das seit 2011 geltende "Milchmarktplanungsgesetz" schreibt jedes Jahr aufs Neue Milchquoten vor. Die Milchliefermengen werden nach Gesprächen von Vertretern des Landwirtschaftsministeriums mit den Produzenten - neben Tnuva noch Tara und Strauss - festgelegt. Nur Tnuva und in geringerem Ausmaß auch Tara stellen Butter her. Jeder Milchbauer erhält eine Vorgabe für die Menge, die er liefern darf. Überschüsse werden mit hohen Steuern versehen. Abgabepreise an die weiterverarbeitenden Betriebe sind genauso festgesetzt wie die Preise der Großhändler.

Festgelegt ist auch, wie viel der Kunde für 100 Gramm Butter bezahlen muss: 3,94 Schekel, ein Euro. Auch die Preise für Milch, Sahne und einfachen Frischkäse sind fixiert. Annahmen von Konsumenten, Tnuva habe wegen geringer Gewinnmargen bei Butter mehr lukrativere Produkte hergestellt, weist der Konzern zurück. Tnuva hat einen Jahresumsatz von umgerechnet 1,72 Milliarden Euro.

In einer Stellungnahme, die das Onlinemedium Times of Israel zitiert, macht Tnuva die staatliche Kontrolle des Milchmarktes für die Butterkrise verantwortlich. Für die Herstellung von Butter brauche man vor allem fette Milch, aber hier gebe es eine Verknappung in der Milchwirtschaft, "die vom Staat betrieben und kontrolliert wird". Tnuva habe nicht vor, die Produktion zu stoppen. "Tnuva produziert so viel Butter, wie wir können, aus der zur Verfügung stehenden fettreichen Milch."

2018 habe man die Butterproduktion sogar um 28 Prozent gesteigert, während die Nachfrage nur um acht Prozent angestiegen sei. 5100 Tonnen Butter verbrauchten die Israelis im Vorjahr. Aber für 2019 seien die Milchquoten nicht erhöht worden, die Produktion sei sogar gefallen. "Das reduzierte die Menge an fettreicher Milch auf dem Markt und erhöhte die Knappheit."

Das Landwirtschaftsministerium verweist darauf, dass man versucht habe, gegenzusteuern: Die Einfuhrbeschränkungen und Zölle für ausländische Butter wurden aufgehoben, allerdings hätten die Produkte zum von der Regierung vorgegebenen Preis verkauft werden müssen. Das jedoch war für viele Importeure zu wenig, sie verzichteten. Daraufhin ließ die Regierung den Verkauf zu jedem Preis zu, aber diesmal verweigerten die Konsumenten.

In den sozialen Medien wird auch China für die Butterkrise in Israel verantwortlich gemacht. Als Tnuva 2014 an einen von der chinesischen Regierung dominierten Lebensmittelkonzern namens Bright Food verkauft wurde, warnte der damalige Mossad-Direktor Efraim Halevy: Dies könne für die Lebensmittelsicherheit in Israel gefährlich werden. Darauf verweisen nun einige Kommentare in den sozialen Medien. Andere gaben dem trockenen Sommer die Schuld, weil deshalb die Kühe weniger Milch produzierten.

Als sich vor Kurzem Milchproduzenten mit Vertretern des Landwirtschaftsministeriums trafen, um höhere Quoten auszuhandeln, hieß es: "Die Regeln werden überarbeitet, wenn eine neue Regierung feststeht." Da Israel gerade auf die dritte Wahl binnen eines Jahres - nächsten März - zusteuert, ist kein Ende der Butterkrise in Sicht.

© SZ vom 26.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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