Mikrofinanz-Fonds:Gewinne mit gutem Gewissen

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Das Mikrofinanz-Modell von Nobelpreisträger Yunus ist längst in der etablierten Finanzwelt angekommen: Investoren können helfen und verdienen - selbst in der Finanzkrise.

Christian Euler

Tue Gutes und verdiene dabei. Wer diesen Rat befolgte, konnte mit Mikrofinanz-Fonds bisher nicht nur sein Erspartes vor der Finanzkrise retten, sondern sogar noch steigende Renditen erzielen. Was im Jahr 1976 begann, als Muhammad Yunus einer Frau in Bangladesh 27 Dollar auslieh, ist längst in der etablierten Finanzwelt angekommen.

Der Erfinder der Mikrofinanz-Fonds: Muhammad Yunus (Foto: Foto: Getty)

Heute gehört die Mikrofinanzierung zum verbreiteten Mittel zur Armutsbekämpfung in den Ländern der dritten Welt, wo wegen fehlender Sicherheiten gerade ärmeren Bevölkerungsschichten der Zugang zu Krediten verwehrt bleibt. Mehr als 100 Millionen Menschen nutzen bereits die Dienstleistungen der ungefähr 10000 Institute, Mikrokredit-Pionier Yunus wurde 2006 mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

Anlagevolumen steigt rasant

Der Markt floriert: Daten der Weltbank-Organisation Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) zufolge ist das Anlagevolumen der privaten und institutionellen Investoren 2007 weltweit auf 5,4 Milliarden Dollar gestiegen - gegenüber nur zwei Milliarden Dollar ein Jahr zuvor.

Dennoch scheint das Wachstumspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Aktuell hat der Markt für Mikrokredite ein Volumen von etwa 31 Milliarden US-Dollar. Nach Einschätzung von Experten liegt der gesamte Finanzierungsbedarf im Mikrofinanzsektor hingegen bei etwa 250 Milliarden Dollar. Die Analysten von Morgan Stanley sind noch optimistischer: Die US-Bank rechnet vor, dass 1,5 Milliarden Menschen einen Mikrokredit benötigen - erst 100 Millionen zapften bisher diese Geldquelle an.

Wenige Schuldner fallen aus

Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, als die Mikrofinanzierung gerade denjenigen Menschen unter die Arme greift, die mangels Kreditwürdigkeit schon am Eingang hiesiger Banken abgewiesen würden.

Trotz der vermeintlich schlechten Bonität und happiger Zinsen von mindestens 20 Prozent fällt nur jeder fünfzigste Schuldner aus. "Häufig werden die Kredite nur an Frauen vergeben, weil sie das Wohl des Haushalts im Auge haben und als bessere Schuldner gelten", weiß Edda Schröder, Geschäftsführerin von Invest in Visions.

Selbst gegenüber politischen Risiken zeigt sich die Anlagespezies bislang weitgehend immun. Roland Dominicé vom Genfer Analysehauses Symbiotics veranschaulicht das am Beispiel Ecuador: "Während der Andenstaat in den vergangenen fünf bis sechs Jahren ein halbes Dutzend Regierungswechsel erlebte - manche davon gewaltsam - blieb der Mikrofinanz-Sektor davon relativ unberührt." Hilfe zur Selbsthilfe, lautet die Devise.

Rückzahlungen müssen angemeldet werden

"Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt. Lehre ihn zu fischen, und er wird nie mehr hungern", bringt Credit Suisse-Experte Arthur Vayloyan die nobelpreisgekrönte Philosophie der Mikrofinanziers auf den Punkt. Die Anleger profitieren dabei gleich zweifach: "Mikrofinanz-Fonds bieten nicht nur Chancen auf Gewinne, sondern bergen auch einen emotionalen Faktor", sagt etwa Natalia Wolfstetter, Fondsanalystin bei Morningstar Deutschland.

Ebenfalls positiv: Mikrofinanz-Fonds entwickeln sich nahezu unabhängig von anderen Anlageklassen - bei extrem geringen Schwankungen. Während Dax, Dow und Co. in den vergangenen Monaten im Strudel der Baisse versanken, dürfen sich glückliche Besitzer von Mikrofinanz-Fonds noch über positive Renditen freuen.

Der Schweizer Mikrofinanz-Dienstleister Symbiotics berechnet einen Index, der die Entwicklung der Branche widerspiegelt: Der in Euro berechnete SMX (Symbiotics Microfinance Index) gewann in den vergangenen zwölf Monaten 5,4 Prozent an Wert.

Der mehr als 300 Millionen Dollar schwere Global Microfinance Fund, dessen Fondsvermögen binnen eines Jahres um stolze 138 Prozent zunahm, legte gar um 6,2 Prozent zu. Fondsmanager Patrick Huber vom Schweizer Vermögensverwalter Responsability verleiht 45 Millionen Euro an 70 Mikrofinanzinstitute in 23 Ländern wie Aserbaidschan oder Nicaragua.

Wichtig zu wissen: Die jährlichen Kosten schlagen derzeit mit ungefähr 2,5 Prozent zu Buche, Tendenz fallend. Und wer sein Geld zurückhaben will, muss dies mindestens einen Monat vorher anmelden.

Trotz der wachsenden Nachfrage ist die Anzahl der Mikrofinanz-Fonds bisher noch sehr überschaubar geblieben (siehe Tabelle). Die Produkte sind in Luxemburg aufgelegt. Mit dem Wallberg Global Microfinance Fund wurde vergangene Woche ein weiterer Fonds aufgelegt, mit dem Anleger auf Minidarlehen setzen können. Das Renditeziel liegt bei sechs Prozent pro Jahr nach Kosten.

© SZ vom 08.11.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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