Metro-Spaltung:Bangen vor dem Tag X

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Die Entscheidung, ob die neue Metro AG und die bisherige Media-Saturn an die Börse gehen dürfen, steht kurz bevor. Jetzt beginnt das Zittern: Die Aktienkurse beider Unternehmen werden wohl zunächst einbrechen.

Von Michael Kläsgen, München

Es wird turbulent werden in den ersten Handelstagen. Die Kurse der neuen Metro AG und von Ceconomy werden stark schwanken. Voraussichtlich wird der Kurs von beiden zunächst einbrechen, vielleicht um zehn Prozent oder mehr, dann dürfte er sich aber wieder erholen, innerhalb von Stunden oder Wochen oder Monaten.

Dass es zu den Turbulenzen kommen wird, ist für die Beteiligten ausgemacht: die Großaktionäre, das Management und die Börsianer in der Welt. Sie beobachten den Vorgang mit Spannung. Es kommt nicht häufig vor, dass sich ein Konzern wie die Metro AG spaltet - in die neue Metro AG, einen Lebensmittel-Großhändler plus der Supermarktkette Real mit 37 Milliarden Euro Umsatz, und in Ceconomy, ehemals Media-Saturn, einen der größten Elektronikhändler Europas mit 22 Milliarden Euro Umsatz. Nur wann dieser Tag sein wird, das ist nicht geklärt. Seit Freitagnachmittag ist nur bekannt, dass er unmittelbar bevor steht.

Da ging beim Registergericht in Düsseldorf das entscheidende Schreiben ein. Auf dessen Grundlage befindet das Gericht nun darüber, ob die Spaltung in das Handelsregister eingetragen werden kann. Ohne Eintrag keine Listung von Metro oder Ceconomy an der Börse. Weil die Unternehmen wissen, dass am Tag X der Listung Millionen Euro verloren und vielleicht auch gewonnen werden können, ist die Entscheidung des Registergerichts für beide von höchster Bedeutung.

Doch mehr als zwei Wochen vergingen, bis die gut 50-seitige Begründung der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf beim Registergericht schriftlich einging. Das OLG hatte die Spaltung am 22. Juni im Grundsatz bereits genehmigt, aber bei der Frage, ob die Eintragung ins Handelsregister zulässig sei, an das Registergericht verwiesen. Wie schnell das jetzt entscheiden wird, darüber gibt es nach Auskunft einer Sprecherin keine Erfahrungswerte. Die Sache könne innerhalb von ein, zwei Tagen erledigt sein oder sich auch noch eine Woche hinziehen.

Trennen, was angeblich nicht zusammengehört: der Großhändler Metro und die Elektronikkette Media-Saturn, bald Ceconomy. Die Großaktionäre erhoffen sich dadurch mehr Geld. (Foto: Ina Fassbender/Reuters)

Metro-Chef Olaf Koch hatte immer wieder Mitte Juli als Stichtag für die Aufspaltung genannt. Die neue Metro, dessen Chef Koch sein wird, und Ceconomy hatten in den vergangenen Tagen mit mäßigem Erfolg an den Börsenplätzen in der Welt um Investoren für die neuen Unternehmen geworben. Den Zeitplan will Koch nach wie vor einhalten, auch wenn ihm die Zeit davonzulaufen droht.

Das Problem: Die Metro wird aus den Indizes fliegen

Einer seiner ärgsten Widersacher, Erich Kellerhals, der Mitgründer von Media Markt und Minderheitsgesellschafter von Media-Saturn, ist strikt gegen die Spaltung. Zu Recht fürchtet Kellerhals, in dem neuen Konstrukt an Einfluss zu verlieren, so ist es auch von Koch gedacht. Kellerhals verstrickte die Metro und Media-Saturn in mehr als 20 Rechtsstreitigkeiten und war auch maßgeblich an dem vorerst letzten juristischen Scharmützel vor dem OLG Düsseldorf beteiligt. Er ist fest entschlossen, weiter alle Rechtsmittel auszuschöpfen, die ihm zur Verfügung stehen, selbst wenn die Spaltung mal vollzogen sein sollte.

Es kommt also viel zusammen: der juristische Kleinkrieg und der erwartete Absturz an den Börsen, wobei die Unternehmen selber lieber von erheblichen Schwankungen reden. Diese haben im Wesentlichen zwei Ursachen: Erstens gibt es weder für die neue Metro AG noch für Ceconomy Referenzwerte, also klassischer Weise den Börsenkurs vom Vortag. Beide sind für sich genommen neue Unternehmen, die sich in einem neuen Marktumfeld beweisen müssen und bewertet werden.

Bisher wurde die Metro als etwas gehandelt, was sie nicht war, als börsennotierter Lebensmitteleinzelhändler wie Carrefour oder Ahold Delhaize. Jetzt heißen die Sparingspartner für die Metro Sysco, Sodexo oder Compass, allesamt Großhändler oder Essenslieferanten, und für Ceconomy Dixons Carphone aus Großbritannien und Fnac aus Frankreich.

Der zweite Grund für die Turbulenzen ist, dass die Metro zunächst aus ihren Börsen-Indizes fliegen wird. Der Konzern ist im M-Dax notiert, dem Index der 50 mittelgroßen Aktiengesellschaften in Deutschland, außerdem im MSCI World, einem weltweiten Aktienindex. Der Börsenwert der beiden neuen Aktien ist für die Indizes zu gering. Die Folge: Investoren, die Aktien nur im jeweiligen Index kaufen, müssen Metro dann verkaufen. Die Anlage passt nicht mehr zum Profil ihres Portfolios. Das Ausscheiden aus den jeweiligen Indizes verstärkt den Kursverlust voraussichtlich noch. Erst wenn die neue Metro AG und Ceconomy wieder in die Indizes kommen und für Investoren interessant werden, kann sich der Kurs erholen. Doch wo der Preis liegt, von dem an sie gewillt sind, die Aktie zu kaufen, darüber gibt es offenbar unterschiedliche Ansichten, wie Metro und Ceconomy auf ihrer Werbetour erfuhren.

Nichtsdestotrotz haben sich die Großaktionäre der neuen Metro AG und der Ceconomy, das heißt der Haniel-Konzern, die Familie Schmidt-Ruthenbeck, die Beisheim Stiftung, offenbar dazu verpflichtet, ihre Anteile nicht zu verkaufen. Sie wollen stillhalten und zunächst auf bessere Zeiten hoffen. Sie halten jeweils etwa die Hälfte der Aktien an der neuen Metro und Ceconomy - und weiter an der Hoffnung fest, dass ihre Anteile an beiden Unternehmen am Ende der Operation zusammen mehr wert sein werden als bei der alten Metro allein.

Die alte Metro war an der Börse stets unterbewertet; so auch in den vergangenen Tagen. Der Kurs lag stets unter dem Schnitt der Branche. Nur weiß niemand, ob die Rechnung der Großaktionäre auch aufgehen wird. Vage orientieren sie sich wie das Management in Düsseldorf (Metro) und Ingolstadt (Ceconomy) an der Abspaltung von Eon und Uniper, den Energieunternehmen, vor ein paar Monaten. Auch mit Uniper ging es erst steil bergab, bis der Kurs langsam, aber stetig wieder stieg. So ähnlich könnte es auch mit Metro und Ceconomy laufen - muss es aber nicht.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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