Menschenrechtsverstöße:Aufarbeitung in Brasilien

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VW lässt seine Rolle während der von 1964 bis 1985 im Land herrschenden Militärdiktatur von einem Historiker der Universität Bielefeld wissenschaftlich aufarbeiten. Es geht um die Schuldfrage bei mutmaßlichen Menschenrechtsverstößen.

Der VW-Konzern verstärkt die Aufarbeitung zu mutmaßlichen Menschenrechtsverstößen während des Militärregimes in Brasilien. "Wir wollen Licht in die dunklen Jahre der Militärdiktatur bringen sowie das Verhalten der damals Verantwortlichen in Brasilien und gegebenenfalls auch in Deutschland aufklären lassen", sagte die Chefin des Vorstandsbereichs Integrität und Recht, Christine Hohmann-Dennhardt, am Donnerstag. Für eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der womöglich bis in die 1980er-Jahre zurückreichenden Vorgänge habe der Konzern daher den Historiker Christopher Kopper von der Uni Bielefeld beauftragt. Kopper solle "möglichst rasch" beginnen und dafür auch nach Brasilien reisen. Seine Arbeit dürfte ein Jahr dauern. Das abschließende Gutachten solle "dann einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden".

VW sieht sich seit Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, das Regime zwischen 1964 bis 1985 unterstützt und beispielsweise schwarze Listen über Mitarbeiter erstellt zu haben. Vor einem Jahr hatte VWs damaliger Chefhistoriker Manfred Grieger erklärt, der Konzern wolle sich seiner Verantwortung für die mögliche Kollaboration stellen. Medien spekulierten Ende 2015 auch über Reparationszahlungen von VW. Grieger und der Konzern hatten sich allerdings vor Kurzem getrennt. Dem vorangegangen war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Streit über Abstimmungsauflagen für Grieger, nachdem er eine Analyse über die NS-Verstrickungen der Konzerntochter Audi kritisiert hatte. Volkswagen betonte, niemals Griegers Forschung beeinflusst zu haben.

Vor Kurzem ergriffen Historiker per offenem Brief Partei für Grieger: "Es stehen Vorwürfe im Raum, das Unternehmen habe wie andere deutsche Firmen das berüchtigte Folterzentrum Oban unterstützt und eng mit dem Geheimdienst der Diktatur kooperiert. Es gibt Bestrebungen, solche heiklen Themen unter den Teppich zu kehren. Noch hat sich VW nicht dazu geäußert, ob und wie das Brasilienprojekt nach dem Ausscheiden Griegers fortgesetzt wird." Der Konzern betonte nun, Griegers vakante Stelle wieder zu besetzen.

© SZ vom 04.11.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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