McKinsey:Überraschung vor Mitternacht

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Der Chef von McKinsey Deutschland, Jürgen Kluge, hat völlig überraschend seinen Rückzug angekündigt. Der plötzliche Abgang gibt zu einigen Spekulationen Anlass - aber die Sache ist vermutlich relativ einfach.

Nikolaus Piper

So kann man auch seinen Geburtstag begehen. Die Mitarbeiter von McKinsey Deutschland feierten ihr Sommerfest im Veranstaltungszentrum Ferropolis, einem früheren Braunkohle-Tagebau in der Nähe von Wörlitz in Sachsen-Anhalt. Ehepartner, Freunde und Freundinnen waren auch dabei, insgesamt 2700 Leute.

Jürgen Kluge. Künftig bei McKinsey für Innovationen zuständig. (Foto: Foto: ddp)

Eine Stunde vor Mitternacht und damit vor seinem 53. Geburtstag trat der Chef von McKinysey Deutschland, Jürgen Kluge, ans Mikrophon und verkündete seinen Rückzug zum 1. Januar 2007. Danach werde er eine ,,internationale Rolle im Bereich Innovationen'' übernehmen.

Nach Orientierung suchen

Was darunter zu verstehen ist, erklärt ein Sprecher am anderen Tag so: Kluge soll in enger Abstimmung mit dem Weltchef von McKinsey, Ian Davis, erkunden, wie sich die Unternehmensberatung in den nächsten Jahren orientieren muss, wo ihre Zukunftsmärkte liegen, was der rasante Aufstieg Asiens für die global operierende Firma bedeutet.

Die Tatsache, dass Kluges Abgang so plötzlich kam, hat schon zu einigen Spekulationen Anlass gegeben. Aber die Sache ist vermutlich relativ einfach.

Ian Davis will die Rotation auf den Spitzenposten der Firma beschleunigen. Kluge wird am Jahresende acht Jahre als Deutschland-Chef hinter sich haben - mehr als die meisten anderen Länderchefs bei McKinsey. Und auch das dürfte eine Rolle spielen: Mit mehr als 600 Millionen Euro Umsatz dürften die deutschen und österreichischen McKinsey-Büros 2006 ihr erfolgreichstes Jahr haben.

Aufhören, wenn es am schönsten ist

Wobei der Umsatz stärker steigt als die Zahl der Aufträge. Man soll eben dann aufhören, wenn es am schönsten ist.

Jürgen Kluge ist in vielem anders als der typische Unternehmensberater. Er ist Physiker und promovierte 1984 in Essen. Unmittelbar danach heuerte er bei McKinsey an.

Dort beriet er vor allem Autokonzerne und Maschinen- und Anlagenbauer. Als sein Spezialgebiet galten Unternehmensstrategie, Technologiemanagement und Innovation. Nachdem er 1999 den Spitzenjob in Düsseldorf übernahm, steuerte er die Firma deutlich anders als sein Vorgänger Herbert Henzler, er teilte das Geschäft in mehrere Divisionen auf und zog sich aus der Tagesarbeit mit den Klienten weitgehend zurück.

Themen in der politischen Debatte besetzt

Dafür erschloss er den öffentlichen Sektor für McKinsey und besetzte wichtige Themen in der politischen Debatte, etwa die Bildungspolitik und die Integration von Ausländern. Bundeskanzlerin Angela Merkel beriet er, als diese noch Oppositionsführerin war.

In Kluges Amtszeit wuchs McKinseys Umsatz in Deutschland von 322 auf 600 Millionen Euro, die Zahl der Partner stieg von 75 auf 125 und die der Mitarbeiter von 1330 auf 1990.

Einen Nachfolger hat Kluge noch nicht. Zu den Favoriten im Auswahlverfahren zählt Frank Mattern, der sich um Banken kümmert und das Business Technology Office leitet, in dem bei McKinsey alle Fragen der Informationstechnologie gebündelt werden. Auch Andreas Biagosch (Luft und Raumfahrt) und Heiner Frankemoelle (Chemie, Energie) werden Chancen eingeräumt.

© SZ vom 04.09.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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