Maschinenbau:Zehren vom Boom vergangener Tage

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Noch sind die Auftragsbücher gut gefüllt - trotzdem schwört der Maschinenbau-Verband die Branche auf eine Durststrecke ein.

D. Deckstein und B. Finke

Auch eine Rezession kann die Maschinenbaubranche derzeit nicht annähernd so erschüttern wie zum Beispiel die Autoindustrie oder ihre Zulieferer. Nach wie vor sind die Auftragsbücher dieser deutschen Vorzeigebranche und Stütze der Exporthandelsrekorde gut gefüllt. Mit diesen Aufträgen, so meint der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), sei die Produktion bis ins nächste Jahr hinein gut ausgelastet.

Während die Autobranche und die Zulieferer bangen, sind die Maschinenbauer derzeit noch gut mit Aufträgen ausgelastet. (Foto: Foto: ddp)

Und so wagte auch VDMA-Präsident Manfred Wittenstein eine Prognose für das Gesamtjahr, die in diesen Tagen und Wochen Seltenheitswert hat: Fünf Prozent Produktionsplus werde die Maschinenbaubranche für das Gesamtjahr 2008 einfahren. Dazu in einer Branche, die sich auch in diesem krisenhaft endenden Jahr durch Jobaufbau hervorgetan hat und 975.000 Beschäftigte zählt - ein Zuwachs von 60.000 Jobs in nur einem Jahr.

Schlechte Zeiten für Textilmaschinen

Allerdings warnt Wittenstein schon vor: "Im kommenden Jahr müssen wir kleinere Brötchen backen", sagte er beim Maschinenbau-Gipfel Mitte Oktober in Berlin. Die Zeiten sensationeller Erfolge, in denen ein Produktionsrekord den anderen jagte und in denen die Maschinenbauer Wachstumsraten wie zuletzt in den sechziger Jahren erzielt haben, seien wohl vorerst vorbei. Zumal in Zeiten der Krise auch der Auftragseingang spürbar nachgelassen habe. Selbst ohne die Finanzkrise der vergangenen Monate sei diese Phase außergewöhnlicher Dynamik fürs Erste vorbei. Immerhin war der ganze fünf Jahre anhaltende Aufschwung für die zyklische Branche mit ihrem ständigen Auf und Ab eher atypisch.

Der VDMA rechnet 2009 mit einer auseinandergehenden Entwicklung in den einzelnen Bereichen des Maschinenbaus. Die Spreizung dürfte zunehmen. Während die konsum- und baunahen Fachzweige wie Textil-, Druckerei- oder Baumaschinen eher auf der Verliererseite stehen dürften, könnten sich dem Verband zufolge für energie- und rohstoffnahe Bereiche wie etwa Hütten- und Walzwerkseinrichtungen durchaus noch "gute bis sehr Wachstumsperspektiven" ergeben.

So haben die großen Druckmaschinenhersteller - Heidelberger Druckmaschinen, König & Bauer sowie Manroland - den Nachfrageeinbruch in wichtigen Druckmärkten, allen voran USA, schon heftig zu spüren bekommen und wohl auch noch eine längere Durststrecke vor sich. Heideldruck hat bereits ein weiteres Sparprogramm aufgelegt und Personalabbau angekündigt. Für die gesamte Branche ist VDMA-Präsident Wittenstein allerdings zuversichtlich, dass es auch 2009 nicht zu Stellenstreichungen kommen wird.

Düstere Vorhersagen

Damit stehen die hiesigen Maschinenbauer noch vergleichsweise gut da. Denn auf Deutschland insgesamt warten magere Zeiten. Die Wirtschaft ist im Frühjahr in eine Rezession gerutscht, einen harten und länger andauernden Abschwung. Sowohl im zweiten als auch im dritten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt, der Wert aller hergestellten Güter und Dienstleistungen, geschrumpft. Experten erwarten, dass auch im laufenden Schlussquartal ein Minus vor der Wachstumsrate steht. Die meisten Volkswirte schätzen, dass es frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2009 wieder voran geht - dann hätte die Wirtschaftsleistung mehr als ein Jahr lang abgenommen.

Diese düsteren Vorhersagen sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhen auf harten Daten. So ist der Auftragseingang der Industrie im Herbst regelrecht eingebrochen. Noch zehren viele Unternehmen von dem Orderpolster, das sie sich im Boom zugelegt haben. Doch bald werden die Aufträge abgearbeitet sein, dann bleibt wenig zu tun in den Werkshallen.

Die Firmen geben sich deshalb so pessimistisch wie lange nicht mehr: Bei der Geschäftsklima-Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ist der Indexwert für die Erwartungen für das kommende halbe Jahr auf ein Rekordtief gefallen. Als exportabhängige Wirtschaft hatte Deutschland in den vergangenen Jahren vom weltweiten Boom besonders profitiert. Nun leidet das Land darunter, dass in wichtigen Absatzmärkten wie den USA, Großbritannien oder Osteuropa die Konjunktur abgestürzt ist.

© SZ vom 18.11.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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