Marktforschung:Ein Investor für die GfK

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Konsumforschung hat sich zuletzt stark verändert. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Die US-Beteiligungsgesellschaft KKR will bei den Marktforschern in Nürnberg einsteigen. Dies dürfte jedoch nur ein erster Schritt sein. Denn eine Neuausrichtung ist überfällig.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Es ist ein erster Schritt aus der Krise, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der amerikanische Finanzinvestor KKR steigt bei Deutschlands größtem Marktforscher GfK ein. Mindestens 18,54 Prozent der GfK-Aktien will die nach ihren Gründern Kohlberg, Kravis und Roberts benannte Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in New York übernehmen, für 43,50 Euro das Stück. Ein entsprechendes Angebot an die Aktionäre hat KKR am Donnerstag angekündigt. Die Mehrheit bei der GfK werden die Amerikaner jedoch nicht übernehmen.

Auch künftig werde der GfK-Verein, ein Zusammenschluss aus etwa 600 Firmen, Institutionen und Einzelpersonen, 56,46 Prozent der Anteile an der GfK SE halten. "Auch mittel- und langfristig" wolle man Mehrheitseigentümer bleiben, so der Verein. Darauf hätten sich alle Beteiligten geeinigt. Der GfK-Verein strebt nach eigenem Bekunden "eine gleichberechtigte Partnerschaft mit dem Investor an". Gemeinsam wolle man in Zukunft mindestens drei Viertel der GfK-Anteile halten. Im Höchstfall könnte KKR rein rechnerisch gut 43 Prozent an der GfK erwerben, gemessen am aktuellen Kaufangebot für knapp 700 Millionen Euro.

Der Einstieg dürfte jedoch nur ein erster Schritt sein. Die GfK SE braucht darüberhinaus Geld, neue strategische Impulse und praktische Hilfestellung auf dem Weg in die Digitalisierung, die nach Ansicht aller Experten gerade das Marktforschungsgeschäft weltweit revolutioniert. Das alte Management bekam diese Neuausrichtung nicht hin, weshalb Vorstandschef Matthias Hartmann und Aufsichtsratschef Arno Mahlert im Spätsommer gehen mussten. Geschäftlich tritt die GfK seit Jahren auf der Stelle. Der Umsatz stagniert seit 2012, in den ersten neun Monaten dieses Jahres ging er sogar leicht zurück, derweil sich der Konzernverlust auf knapp 140 Millionen Euro summierte.

Die Amerikaner haben auch schon den Wettbewerber Nielsen restrukturiert

Branchenkenner gehen deshalb davon aus, dass KKR nach vollzogenem Einstieg als Aktionär konkret Einfluss in Nürnberg nehmen wird. Auch Investitionen wären dort willkommen.

Der Sitz der GfK werde weiterhin Nürnberg sein und die Mitbestimmung deutschen Zuschnitts bleibe erhalten, versicherten sowohl die GfK SE als auch der GfK-Verein. Beide begrüßten den geplanten Einstieg von KKR, der streng genommen über die Acceleratio Capital N.V. erfolgt, eine Holdinggesellschaft, die im Besitz von Fonds ist und von KKR beraten und wohl auch gelenkt wird.

Im ersten Quartal 2017 soll die Teil-Übernahme vollzogen werden. Am Ende könnte auch stehen, dass die GfK von der Börse verschwindet. KKR hat dergleichen bereits einmal durchexerziert, pikanterweise bei einem Konkurrenten der GfK, dem Weltmarktführer Nielsen. 2006 stieg der Finanzinvestor dort ein, nahm das amerikanisch-niederländische Unternehmen von der Börse, richtete es neu aus und brachte Nielsen schließlich zurück auf das Parkett. 2015 zog sich KKR bei Nielsen zurück, mit ordentlichem Gewinn.

Welche konkreten Pläne der US-Investor mit der GfK verfolgt ist offen. Eine KKR-Sprecherin machte dazu auf Nachfrage keine Angaben. Der amtierende GfK-Vorstandschef Gerhard Hausruckinger kündigte für "die nächsten Wochen und Monate" einen gemeinsamen strategischen Plan an. Man habe mit KKR "die Dimension des Kapitalbedarfs noch nicht erörtert". In erster Linie hoffe die GfK, dass KKR ihr helfe, die "Transformation schneller und konsequenter voranbringen zu können". KKR verfüge über das notwendige Wissen, ein globales Netzwerk, breite Erfahrung im Marktforschungs-, Medien- und Technologiesektor sowie die notwendige Finanzkraft, sagte Hausruckinger und verwies außer auf das Beispiel Nielsen auch auf das Engagement von KKR beim deutschen Medienunternehmen Pro Sieben Sat 1.

Nun soll KKR helfen, die GfK wieder auf Wachstum zu trimmen, strategisch neu auszurichten und profitabel zu machen. Die GfK will "ein global führender Anbieter von integrierten, technologiebasierten Lösungen in der Marktforschung" werden. Das Unternehmen, das 1935 von Nürnberger Ökonomieprofessoren wie dem späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard gegründet wurde, erwirtschaftet etwa anderthalb Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt 13 100 Mitarbeiter. Vorstand und Aufsichtsrat empfehlen den Aktionären die Annahme der KKR-Offerte. Der Angebotspreis von 43,50 Euro je Aktie liegt 44 Prozent über dem durchschnittlichen Kurs des GfK-Papiers, das unmittelbar vor Bekanntwerden der Offerte mit knapp 32 Euro gehandelt wurde.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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