Marbach:Umzugsprämie für Senioren

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Wer Platz für Familien frei macht, wird in der Stadt am Neckar künftig belohnt. Das versuchten auch schon andere.

Von Annika Grah, dpa

Vor vier Jahren sorgte der Vorschlag des Bundesvorsitzenden der IG Bau noch für Wellen der Kritik. 5000 Euro, schlug Robert Feiger vor, sollten Senioren bekommen, wenn sie in Ballungsräumen in eine kleinere Wohnung ziehen. "Absurd" und "nicht geeignet", so waren die Reaktionen damals. Nun will die Stadt Marbach genau so eine Prämie einführen.

Wie im ganzen Land ist die Wohnungsnot auch in der kleinen Stadt am Neckar groß. Das Problem: Oft leben Senioren in zu großen, Familien in zu kleinen Wohnungen. Die Stadt will deshalb versuchen, Senioren zum Umzug zu bewegen. 2500 Euro sollen Menschen über 60 Jahre bekommen, wenn sie in eine mindestens 30 Prozent kleinere Wohnung ziehen und so eine Marbacher Familie ein neues Zuhause findet. "Das ist alles freiwillig", sagt Bürgermeister Jan Trost, der anfangs kein Anhänger der Idee war. "Wir wollen niemanden vergraulen."

Neu ist die Idee nicht: Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft in Lörrach beispielsweise bietet unabhängig vom Alter eine Umzugsprämie für den Wechsel in eine kleinere Wohnung an. Die Höhe der Hilfe ist nach der Größe der Wohnung gestaffelt. In Stuttgart wurde schon seit Ende der 70er-Jahre der Umzug aus einer größeren Sozialwohnung in eine kleinere bezuschusst, zuletzt mit 4000 Euro. Doch 2007 wurde die Prämie abgeschafft.

Der Landesvorsitzende des Mieterbundes, Rolf Gaßmann, hat Zweifel, dass ein solcher Anreiz funktioniert. Das Problem seien die niedrigen Bestandsmieten im Vergleich zu den hohen Mieten, die in einer neuen Wohnung fällig wären. "Man zahlt in einer kleineren Wohnung in der Regel mehr als vorher", sagt Gaßmann. Der Mieterverein Stuttgart hat deshalb von der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) gefordert, älteren Mietern kleinere Wohnungen zu Bestandsmieten zur Verfügung zu stellen. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin haben genau das gestartet. Sie lassen ihre Mieter inzwischen Wohnungen zu Bestandsmieten tauschen. Auch die SAGA in Hamburg will Senioren mit dem Versprechen, bei den niedrigeren Bestandsmieten zu bleiben, zum Umzug bewegen.

Hendrik Lüdke, der die Initiative im Marbacher Gemeinderat gestartet hat, kann noch nicht abschätzen, welche Wirkung das Prämien-Programm haben wird. Er gäbe sich auch mit wenig zufrieden: "Auch wenn nur zwei bis drei Wohnungen frei werden, ist das gut."

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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