Mannesmann-Prozess:Selbstbewusste Angeklagte

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Der Deutsche-Bank-Chef Ackermann und der Ex-Mannesmann-Vorsitzende Esser können an den Millionenprämien nichts Strafbares erkennen.

Von Daniela Kuhr und Michael Kläsgen

An Selbstbewusstsein mangelt es ihm jedenfalls nicht: Josef Ackermann, der am Mittwoch beim Betreten des Schwurgerichtssaals in Düsseldorf das Victory-Zeichen gemacht hatte, legte am Donnerstag in gleicher Manier nach.

Seine Aussage im Mannesmann-Prozess würzte der Deutsche-Bank-Chef mit spitzen Bemerkungen über die Staatsanwaltschaft. "Bedenken Sie bitte, dass Entscheidungen in der Wirtschaft anders gefällt werden als Entscheidungen in der Verwaltung oder der Jurisdiktion", las Ackermann, dem die Strafverfolger schwere Untreue vorwerfen, aus seiner vorbereiteten Rede vor.

Raunen im Saal

Nach dieser Bemerkung ging eine Raunen durch den Saal. Gemeinsam mit fünf weiteren Angeklagten soll der Schweizer im Frühjahr 2000 als Aufsichtsratsmitglied von Mannesmann rechtswidrig Prämien und Abfindungen in Millionenhöhe abgesegnet haben. Insgesamt geht es dabei um 111,5 Millionen Mark, die bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone geflossen sind.

"Ich sehe nicht, wo ich mich strafbar gemacht haben soll, gleichwohl stelle ich mich dem Verfahren", sagte der 55-Jährige zu Beginn der Rede, ohne allerdings seine Alternative zu nennen.

Frage nach der Kompetenz

Während der 45-minütigen Aussage, die Ackermann im Stehen hielt, stellte er die Kompetenz der Strafverfolger mehrmals in Frage. "Die Staatsanwaltschaft sagt, dass die Entwicklung des Aktienkurses kein zulässiges Kriterium für die Höhe der Prämien sei, sie habe nichts mit dem Unternehmenswohl zu tun", fasste der Banker zusammen.

"Doch das ist schlichtweg falsch. Der Aktienkurs ist ein objektiver Gradmesser für die Performance des Vorstands." Und: "Das sind eigentlich Binsenweisheiten, die man jeden Tag in der Zeitung nachlesen kann." Ackermann betonte, dass die Anerkennungsprämie an den damaligen Mannesmann-Vorstandschef Klaus Esser in Höhe von mehr als 30 Millionen Mark nicht einmal 0,2 Prozent des Wertes ausgemacht habe, um den Esser das Übernahmeangebot für die Aktionäre gesteigert hatte.

Hartnäckiger Kampf

Ursprünglich hatte Vodafone-Chef Chris Gent den Mannesmann-Aktionären eine Beteiligung von 47,2 Prozent an dem neuen vereinigten Unternehmen geboten. Der wochenlange hartnäckige Abwehrkampf von Esser hatte im Ergebnis eine Beteiligung von 49,5 Prozent der Mannesmann-Anteilseigner zur Folge. "Hätten wir Klaus Esser nach monatelangem Einsatz bis zur totalen Erschöpfung sagen sollen: Der Mohr kann gehen, der Mohr hat seine Schuldigkeit getan?"

Der Deutsche-Bank-Chef kann "nicht erkennen, wo ich jemanden geschädigt haben soll". Die Aktionäre hätten hohe Kursgewinne erzielt und das Unternehmen Mannesmann "an Ansehen" gewonnen. Bei den Zahlungen haben "wir uns vom Prinzip der Leistungsgerechtigkeit leiten lassen". Die Millionenprämien seien "zulässig, angemessen und rechtlich sogar geboten" gewesen.

Kritik für die Ankläger

Und noch ein Seitenhieb Ackermanns an die Staatsanwaltschaft: "Ich will die Länge des Ermittlungsverfahrens nicht kritisieren, aber in der Wirtschaft werden Entscheidungen unter hohem Zeitdruck gefällt."

Kritik für die Ankläger kam auch von dem früheren IG-Metall-Chef Klaus Zwickel, der sich ebenfalls wegen schwerer Untreue verantworten muss. Er gehörte damals als Arbeitnehmervertreter auch zum Präsidium des Aufsichtsrat.

Neben ihm und Ackermann zählten noch der damalige Aufsichtsratschef Joachim Funk und der frühere Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jürgen Ladberg - beide ebenfalls angeklagt - zum Präsidium. Das Gremium, das für Vorstandsangelegenheiten zuständig war, hatte die umstrittenen Millionenzahlungen genehmigt, wobei Zwickel sich der Stimme enthalten hatte.

"In der Anklageschrift ist mein Abstimmungsverhalten völlig falsch interpretiert worden", sagte Zwickel. Der 64-Jährige wies "entschieden zurück, an einem von der Anklage konstruierten Tatplan beteiligt gewesen zu sein". Stattdessen habe ihn allein "die Sorge getrieben, was aus den Beschäftigten von Mannesmann wird". Wie Ackermann hatte auch Zwickel von den Zahlungen nicht profitiert. Unter den Angeklagten erhielten lediglich Funk und Esser Geld: Funk 11,3 Millionen Mark.

Sinneswandel bestritten

Auch Esser, der der Beihilfe zur Untreue angeklagt ist, griff zu Beginn seiner Aussage die Ermittlungsbehörden scharf an. Er sprach von Verleumdung und Beleidigung. Dann schilderte er rhetorisch gewandt und in sich schlüssig, welche Überlegungen in der Führungsetage von Mannesmann in den zwölf Monaten vor der Übernahme eine Rolle gespielt hatten. In diesem Zeitraum habe einzig und allein das Aktionärsinteresse im Mittelpunkt gestanden.

"Einen Sinneswandel hat es bei mir nie gegeben", erklärte er zu dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sich nach verlorener Schlacht absichtsvoll bereichert zu haben. Esser stellte sich zudem als Reagierender, nicht als Agierender dar.

Keine fünf Stunden

"Wir sollten von den Geschehnissen überrollt werden", sagte er. Was sich aus seiner Sicht am 4. Februar ereignete, dem Tag, an dem ihm die "Anerkennungsprämie" zugesprochen wurde, will er in der kommenden Woche erläutern.

Esser, der angekündigt hatte, fünf Stunden reden zu wollen, wurde nach mehr als zwei Stunden von der Vorsitzenden Richterin unterbrochen. Sie vertagte die Verhandlung auf nächsten Mittwoch. So war sichergestellt, dass Ackermann seinen Flug nach Davos erreichen konnte, wo das Weltwirtschaftsforum stattfindet.

© SZ v. 23.1.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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