Mannesmann-Prozess:Bedenken gegen Millionenprämien

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Ein Zeuge hat bestätigt, dass es massive Bedenken gegen die Beschlüsse über die Millionenprämien gegeben hat. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hätten angedroht, das Testat für den Jahresabschluss zu verweigern.

Von Daniela Kuhr und Michael Kläsgen

Die Prüfer sollen gleich mehrere Punkte des entscheidenden Präsidiumsbeschlusses kritisiert haben, sagte Zeuge Götz Müller vor dem Düsseldorfer Landgericht. Müller leitete früher bei Mannesmann die Abteilung für Beteiligungen.

Die Bedenken der KPMG-Mitarbeiter betrafen den Beschluss vom 4.Februar 2000. An diesem Tag hatte das vierköpfige Präsidium von Mannesmann, auch Aufsichtsratsausschuss für Vorstandsangelegenheiten genannt, über die Zahlungen von rund 60 Millionen DM an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser, den Ex-Aufsichtsratschef Joachim Funk und 14 weitere Manager entschieden.

Die Übernahme

Insgesamt flossen nach der Übernahme von Mannesmann durch den britischen Konkurrenten Vodafone im Frühjahr 2000 gut 111,5 Millionen Mark an Prämien und Pensionsabfindungen.

Die Wirtschaftsprüfer hätten bemängelt, dass Funk als Präsidiumsmitglied an einem Beschluss beteiligt war, der ihn selbst begünstigte: "Es war klar, dass es in dieser Form nicht ging", sagte Müller vor Gericht und fügte hinzu: "Das sieht jeder Jurist im zweiten Semester."

Auch die Höhe der Zahlungen hätten die KPMG-Mitarbeiter kritisiert, dabei sollen sie vor allem die Angemessenheit der Anerkennungsprämie an Esser von mehr als 30 Millionen Mark in Frage gestellt haben. Die Bedenken seien so groß gewesen, dass die Prüfer mit der Verweigerung des Testats gedroht hätten.

Nicht eindeutig

Für Unruhe habe das Verhalten des Präsidiumsmitglieds und Ex-IG-Metall Chefs Klaus Zwickel gesorgt. Dieser hatte bei der Abstimmung über die Millionen-Zahlungen nicht eindeutig zu erkennen gegeben, wie er zu den Prämien steht. Neben Funk und Zwickel gehörten dem Präsidium der jetzige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der Betriebsratsvorsitzende von Mannesmann Jürgen Ladberg an.

Alle vier stehen wegen des Verdachts der schweren Untreue vor Gericht. Ex Firmenchef Esser wirft die Staatsanwaltschaft dagegen nur Beihilfe zur Untreue vor.

"The Chinese way"

Am 7.März habe ein Treffen mit Vertretern von KPMG und Juristen von Mannesmann stattgefunden, berichtete Müller weiter. Dabei seien die gegensätzlichen Standpunkte und die ungewöhnliche Höhe der Prämie für Esser diskutiert worden.

Esser habe die Höhe verteidigt und gesagt, auch eine deutlich höhere Prämie wäre gerechtfertigt gewesen. Er berief sich auf internationale Gepflogenheiten und die enorme Steigerung des Aktienkurses während seiner neunmonatigen Amtszeit als Vorstandschef.

"Damals wurde auch die Frage diskutiert, ob es denn ein Erfolg sei, wenn zwar der Börsenwert steigt, das Unternehmen gleichzeitig aber am Ende ist", sagte Müller. "Herr Esser war aber so überzeugt von seiner Argumentation, dass er bei dem Treffen, sagen wir mal, sehr engagiert auftrat."

Gute Lösung

Müller wies darauf hin, dass die Mannesmann-Aktie schon in den Monaten vor Beginn der Übernahmeschlacht zugelegt hatte. "Dadurch sind Kleinaktionäre durch institutionelle Anleger ausgetauscht worden, die nicht mehr am Unternehmen interessiert waren, sondern nur noch an der Wertsteigerung ihres Investments", sagte Müller.

Er habe den Eindruck gehabt, dass "manche Anteilseigner die Fusion als gute Lösung ansahen, wenn sie dabei nur einen guten Preis erzielen konnten".

Mit Befremden berichtete der Zeuge über den 3.Februar, als Esser den Aufsichtsrat über die Einigung mit Vodafone-Chef Chris Gent unterrichtete. "Die Sitzung war erstaunlich kühl", sagte Müller. Nur Funk und die Arbeitnehmervertreter hätten Emotionen gezeigt. "Ich selbst saß dabei und sah meine berufliche Familie kaputt gehen." Funk habe eine Rede gehalten, "die auch in diese Richtung ging". Esser dagegen habe "bemerkenswert kühl und logisch" agiert.

Der zweite Zeuge

Als zweiten Zeugen vernahm das Gericht den Investmentbanker Dietrich Becker. Er berichtete von dem Treffen zwischen Gent und Esser am Abend vor der Einigung. Canning Fok, der Vertreter des Hauptaktionärs Hutchison Whampoa habe damals vor dem Besprechungsraum ungeduldig zu ihm gesagt: "Let's do it the Chinese way", lass es uns auf die chinesische Art tun.

Anschließend sei er in das Gespräch zwischen Gent und Esser geplatzt, offenbar um die Einigung voranzutreiben. Dort soll er laut Anklageschrift die Millionenprämie für Esser vorgeschlagen haben. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass die Prämie die Zustimmung Essers zur Fusion zumindest begünstigt habe.

© SZ v. 7.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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