Luftfahrtmesse Farnborough:Schaulaufen der Waffenfreunde

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Die Luftfahrtmesse in Farnborough ist ein Marktplatz der Rüstungsindustrie. Vor allem Käufer aus Ölländern werden hofiert - denn sie haben genug Geld in der Kriegskasse.

Andreas Oldag

Der Offizier der saudi-arabischen Armee hat ein breites Grinsen aufgelegt. Sein Käppi sitzt etwas schief. Man gibt sich leger. Die Ordensspange prangt auf seiner Brust. Der untersetzte Mann ist ein gefragter Gast im Pavillon des französischen Rüstungskonzerns Thales. Ort des Geschehens: Die weltgrößte Luftfahrtschau im britischen Farnborough. Der Emissär aus dem Mittleren Osten genießt die Aufmerksamkeit. Herren in dunklen Anzügen, die ein kleines Schildchen mit dem Firmennamen Thales am Revers tragen, umschwärmen den ranghohen Militär wie einen prominenten Staatsgast.

In Farnborough gibt es nicht nur Flugzeuge, sondern auch Militärausrüstung zu kaufen. (Foto: Foto: AFP)

Hier geht's zur Shopping-Tour, lautet die Botschaft. Und der Kunde aus dem Morgenland der Petrodollars bekommt glänzende Augen. Thales-Verkaufsmanager Phil Hoole weiß, wie sich die Geldkoffer seiner milliardenschweren Klientel öffnen. "Das ist unser neues Radargerät I-Master. Es wiegt nur etwa 30 Kilogramm", preist er das Produkt.

Broschüren verraten nicht alles

Ein handkoffergroßes Ei aus grauem Metall steht vor ihm auf dem Tisch - vollgestopft mit Elektronik. Und die Montage? Auch kein Problem, das könne jedes Schulkind, behauptet Hoole. Vier Bolzen und die elektronische Spürnase sitzt fest unter dem Bauch eines Kampfjets. I-Master nehme bewegliche Ziele ins Visier, wirbt der Verkaufsprospekt. Keine Chance für Taliban-Krieger. Aber das steht nicht in den bunten Werbebroschüren.

Der saudische Gast lächelt jovial: "Nicht schlecht", sagt der Militär-Profi. Über Preise will er noch nicht reden. Das ist wie auf jedem guten Basar, auf dem zunächst einmal locker geplaudert wird, bevor es zur Sache geht. Das ganze System koste noch nicht einmal eine Million Dollar, gibt ein beflissener Thales-Mann später in der Presselounge zu verstehen. Billiger als die amerikanische Konkurrenz.

Alle zwei Jahre wird die Provinzstadt im Südwesten von London zur großen Verkaufsschau für die Luftfahrttechnik. 1500 Aussteller aus 39 Ländern sind diesmal gekommen. Während draußen, auf dem Rollfeld des Airports, neue Passagierjets wie der Riesenairbus A380 die Attraktion sind, spielt sich das eigentliche Geschäft hinter den Kulissen ab - in den klimatisierten Lounges und Empfangszimmern der Firmenstände. Es ist vor allem ein Schaulaufen der Rüstungsindustrie, die ihre neuesten Produkte dem einschlägigen Fachpublikum präsentiert.

"Treffer, alles automatisch"

Zwar ist der Kalte Krieg seit mindestens einer Dekade zu Ende. Doch im Schatten des Afghanistan- und Irakkriegs verzeichnet die diskrete Branche einen beispiellosen Auftragsboom. 1,34 Billionen Dollar (860 Milliarden Euro) hat die Welt im vergangenen Jahr für Raketen, Kampfjets, Kriegsschiffe, Kanonen, Maschinengewehre, Bomben und computergesteuerte Feuerleitsysteme ausgegeben.

Der Export wird zu einem immer lukrativeren Geschäft. Zwischen 2003 bis 2007 teilten sich nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri die Hauptexporteure USA, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen 80 Prozent des Marktes. Unter den weltweit größten Käufern westlicher Rüstungstechnologie sind die erdölexportierenden Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. Die Ölpreishausse hat ihre Kassen prall gefüllt.

Lesen Sie im zweiten Teil, mit welchen Spielereien die reiche Kundschaft auf der Waffenmesse zum Kauf angeregt wird - und wie der Rüstungskonzern BAE mit schwarzen Kassen Aufträge ergatterte.

Kein Zufall, dass sich in Farnborough sehr vieles um diese Klientel dreht. Sie wird umschmeichelt und umgarnt, so auch im Designer-Pavillon des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems. Dort ist man schon bestens auf einen neuen Wüstenkrieg vorbereitet. Der Waffenkäufer in spe bekommt eine 3-D-Brille aufgesetzt und darf sich vor einer Videoleinwand als Pilot eines Kampfhubschraubers in Irak fühlen. Unter ihm explodieren feindliche Militärkonvois. Kriegstheater für die Web-Generation.

Aber es wird auch militärische Hardware geboten: Eine Howitzer M-777 reckt sich an die Decke der Ausstellungshalle. 680 Stück dieser schweren Artillerie-Geschütze seien bislang verkauft worden, heißt es auf einem BAE-Werbeplakat.

Vor einem kleinen Bildschirm steht BAE-Verkaufsmanager George Adamakos. Er redet wie ein Autoverkäufer - schnell und ohne Unterbrechung. "Treffer. Alles automatisch. Lasergesteuert. Der Pilot drückt auf den Knopf und dann ab die Post", sagt er. Auf dem Bildschirm ist zu sehen, wie sich ein längliches Geschoss einer Wand nähert. Alles löst sich plötzlich in einem grellen Blitz auf. "Einfach toll", schwärmt Adamakos. Den Feuerzauber verursacht ein etwa 1,80 Meter langes Rohr. Laien könnten es für eine vergrößerte Silvesterrakete halten.

Adamakos spitzt den Mund und korrigiert solche profanen Vergleiche: "Nein hier geht es um eine tödliche Waffe", sagt er und faltet die Hände. "Advanced Precision Kill Weapon System" (wörtlich: hochentwickeltes Tötungs-Waffen-System) heißt das neue BAE-Produkt. Und weil Militärs überall auf der Welt Abkürzungen lieben, haben es die Marketingfachleute einfach genannt: APKWS. Der Clou: Es kostet weniger als 10.000 Dollar pro Stück.

Schwarze Kassen

Das ist auf dem weltweiten Markt von High-Tech-Waffen schon fast ein Schnäppchenpreis. BAE rechnet sich deshalb nach den Worten Adamakos exzellente Exportchancen aus. "Wir haben Anfragen aus der ganzen Welt", sagt er stolz.

Weit weniger weltoffen zeigt sich Europas größter Rüstungskonzern bei einem anderen Thema: Jahrelang sollen BAE-Manager Millionen aus schwarzen Firmenkassen an Auftraggeber aus dem Nahen Osten gezahlt haben. Im Mittelpunkt der Untersuchungen gegen BAE steht die Lieferung von Kampfflugzeugen der Typen Tornado und Eurofighter Typhoon an Saudi-Arabien im Wert von umgerechnet 54 Milliarden Euro. Hauptprofiteur der Schmiergeldzahlungen soll der einflussreiche saudische Politiker Prinz Bandar bin Sultan gewesen sein.

Über ein spezielles Konto habe BAE die Flitterwochen von Prinz Bandars Tochter in Singapur, Malaysia, Bali und Hawaii gezahlt, heißt es. Ein All-inclusive-Urlaub - von der Hotelsuite für 6000 Euro pro Nacht bis hin zu Hubschrauberflügen zum Strand. Der Prinz selbst soll sich aus dem BAE-Geld unter anderem einen Langstrecken-Airbus A340 für 125 Millionen Euro geleistet haben. Bandar und BAE streiten alle Vorwürfe ab. "Für uns sind die Saudis gute Freunde. Wir lassen uns das Geschäft nicht verderben", sagt ein BAE-Manager in Farnborough.

© SZ vom 19.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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