Luftbuchungen:Nici-Gründer droht mehrjährige Haftstrafe

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Knapp ein halbes Jahr nachdem der Hersteller des WM-Maskottchens "Goleo" Insolvenz anmelden musste, will die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen den Gründer der Firma erheben. Der Vorwurf lautet auf schweren Betrug.

Uwe Ritzer

In Zusammenhang mit der Pleite des Plüschtierherstellers Nici im Mai stehen die strafrechtlichen Ermittlungen vor dem Abschluss. Bereits im November wird die Staatsanwaltschaft Hof nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Anklage gegen den Nici-Gründer und langjährigen Vorstandschef Ottmar Pfaff erheben.

War nicht schuld an der Pleite: Das WM-Maskottchen Goleo. (Foto: Foto: dpa)

Der leitende Hofer Oberstaatsanwalt Gerhard Schmitt sagte der SZ, dass ,,mit einer Anklage bereits in Kürze zu rechnen'' sei. In einer entscheidenden Phase befinden sich auch die Verkaufsgespräche mit dem Ziel, den Fortbestand der insolventen Nici AG zu erreichen.

Die Staatsanwaltschaft in Hof wirft Pfaff schweren Betrug vor, im Falle einer Verurteilung durch das Gericht droht dem Firmengründer eine mehrjährige Haftstrafe.

Bilanzen systematisch gefälscht

Nach den Erkenntnissen der Ermittler hat Pfaff seit dem Jahr 2000 systematisch die Bilanzen des Plüschtier- und Geschenkartikelherstellers gefälscht, in dem er Geschäfte frei erfunden und als Luftbuchungen in die Bilanz eingearbeitet hat, um den Umsatz der Nici AG künstlich nach oben zu treiben.

Wegen Fluchtgefahr sitzt Pfaff seit Mitte Mai dieses Jahres in Untersuchungshaft. Er räume die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ein, sagte Schmitt. Die Ermittlungen gegen weitere mögliche Tatbeteiligte dauern noch an.

Die Hofer Strafverfolger mussten sich in den vergangenen Monaten durch riesige Aktenberge arbeiten, um das ausgeklügelte Betrugssystem im Einzelnen nachzuvollziehen.

Fantasie-Rechnungen an Factoring-Firmen abgetreten

Pfaff soll Fantasie-Rechnungen über Scheinverkäufe von tatsächlich nie gelieferter Ware ausgestellt und diese meist an so genannte Factoring-Gesellschaften abgetreten haben. Diese zahlten den entsprechenden Rechnungsbetrag, abzüglich ihrer Provisionen, an Pfaff aus. Insgesamt soll der Ex-Vorstandschef auf diese Weise mindestens 40,5 Millionen Euro ergaunert haben.

Ein Großteil des Geldes floss wieder in das Unternehmen, das sowohl von der Mitarbeiterzahl, als auch von den Räumlichkeiten und der Ausstattung her weit überdimensioniert war.

Die Manipulationen waren im Mai aufgeflogen, als Nici enorm in die finanzielle Klemme geraten war und Insolvenzantrag stellen musste.

Flaues Geschäft

Zunächst wurden dafür das flaue Geschäft mit dem zottelig-hosenlosen WM-Maskottchen ,,Goleo'' und die hohen Fifa-Lizenzgebühren in diesem Zusammenhang als Ursachen genannt. Dies erwies sich jedoch bald als falsch.

Insolvenzverwalter Michael Jaffé bereinigte die Bilanz von den Luftbuchungen und korrigierte den Nici-Jahresumsatz 2005 von angeblichen 155 Millionen auf tatsächliche 80 Millionen Euro.

Jaffé startete auch ein Restrukturierungsprogramm mit dem Ziel, die Kosten um 40 Prozent zu senken und somit den tatsächlichen Verhältnissen bei Nici anzupassen.

Lagerbestände abgebaut

Er baute die extrem hohen Lagerbestände drastisch ab und von den knapp 580 Beschäftigten mussten gut 120 gehen. Inzwischen scheint sich Nici wieder gefangen zu haben. ,,Die Geschäfte laufen nach Plan und entwickeln sich sehr erfreulich'', teilte ein Sprecher des Insolvenzverwalters mit, ohne Zahlen zu nennen.

Unterdessen verhandelt Jaffé mit mehreren Kaufinteressenten über eine Übernahme des im oberfränkischen Altenkunstadt angesiedelten Unternehmens. Sein erklärtes Ziel ist es, möglichst alle verbliebenen Arbeitsplätze bei Nici retten. Aus unternehmensnahen Kreisen verlautete, ein erfolgreicher Abschluss der Verkaufsverhandlungen sei noch in diesem Jahr möglich.

© SZ vom 27.10.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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