Liechtenstein:Flucht aus der Steueroase

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Krisenstimmung in Liechtenstein: Ein Abkommen mit Washington hebelt das Liechtensteiner Bankgeheimnis aus. Jetzt fliehen die US-Steuersünder aus der Steueroase.

G. Zitzelsberger und U. Ritzer

Amerikanische Steuersünder kappen ihre Geschäftsverbindungen zur Finanzoase Liechtenstein. Das verlautet aus Anwaltskreisen in Vaduz. Das Geschäft mit der Gründung von Stiftungen sei sogar generell zum Erliegen gekommen. Die LGT Group, Liechtensteins größte Bank, sieht sich vor diesem Hintergrund jetzt veranlasst, ihr Treuhandgeschäft "neu auszurichten".

Für Amerikaner ist künftig das Liechtensteiner Bank- und Stiftungsgeheimnis ausgehebelt - jetzt fürchtet die LGT-Group um ihr Treuhandgeschäft. (Foto: Foto: AP)

Einzelheiten dazu will die Bank, so ein Sprecher, am heutigen Montag mitteilen. "Das wird ein absolutes Krisentreffen", hieß es im Vorfeld. Der LGT-Sprecher dementierte jedoch Gerüchte, wonach die Bank, die sich im Besitz des Liechtensteiner Fürstenhauses befindet, Entlassungen plane.

Grund für die Flucht von US-Steuersündern ist ein neues Abkommen mit Washington, das die Regierung in Vaduz in den vergangenen Tagen paraphiert hat. Es regelt den Informationsaustausch bei Verdacht auf Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug. Der Text des Abkommens wurde bislang nicht veröffentlicht.

Äußerungen aus Liechtensteiner Regierungskreisen lassen darauf schließen, dass der Vertrag einen ähnlichen Inhalt hat wie etwa das Informationsabkommen, das Deutschland und Jersey unlängst geschlossen haben.

Dies bedeutet, dass Liechtenstein bei konkretem Verdacht künftig dem US-Fiskus Kontodaten und ähnliche Informationen aushändigt. Anders als bislang spielt es dabei keine Rolle mehr, ob die Tat auch nach Liechtensteiner Gesetz strafbar ist.

Kerngeschäft in Gefahr

Damit das Abkommen wirksam wird, muss das Parlament in Vaduz zwar noch ein sogenanntes Amtshilfe-Gesetz verabschieden. Es bestehe jedoch kein Zweifel, dass dies kurzfristig geschehe, sagte ein Liechtensteiner Regierungssprecher am Wochenende. Der Vertrag ergänzt auch ein seit längerem bestehendes Rechtshilfe-Abkommen zwischen den USA und dem Fürstentum.

Im Ergebnis laufen die Vereinbarungen darauf hinaus, dass für Amerikaner das Liechtensteiner Bank- und Stiftungsgeheimnis ausgehebelt ist. Das neue Abkommen soll bereits zum Jahresbeginn in Kraft treten. Damit bleiben US-Steuerflüchtlingen nur wenige Wochen, um Konten zu räumen und Stiftungen aufzulösen.

Auf US-Bürger entfällt zwar "kein signifikanter Teil" des Liechtensteiner Oase-Geschäfts, heißt es bei der LGT. Die Liechtensteiner Treuhänder und deren Kunden, nicht zuletzt deutsche Steuerflüchtlinge, fürchten jedoch, dass das Abkommen auch in Europa Schule machen könnte.

Denn seit der Steueraffäre um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel drängen auch Deutschland und andere OECD-Staaten mit Vehemenz darauf, die Oase Liechtenstein auszutrocknen.

Vor diesem Hintergrund haben Geldanleger das Interesse an Privat-Stiftungen, bislang das Kerngeschäft der 400 Liechtensteiner Treuhänder, verloren. "Früher gab es 50 bis 60 Gründungen pro Tag, heute vielleicht noch ein bis zwei", sagte ein Vaduzer Anwalt der SZ.

Die Liechtensteiner Regierung ist mittlerweile bereit, das Bank- und Stiftungsgeheimnis auch gegenüber europäischen Staaten zu opfern. Sie fordert dafür aber den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen.

© SZ vom 10.11.2008/ld/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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