Liechtenstein-Affäre:Zumwinkel soll nicht ins Gefängnis

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In der Liechtenstein-Affäre kann Ex-Postchef Klaus Zumwinkel mit Milde rechnen: Er kommt wohl mit einer Bewährungsstrafe davon.

H. Leyendecker

Die Angelegenheiten mit dem Finanzamt Köln-Süd hat Klaus Zumwinkel bereits erledigt. Er hat Millionen Euro nachgezahlt. Kompliziert war die Berechnung der schwarzen Fonds, die zu Zumwinkels Schatz bei der LGT-Bank in Liechtensteins Hauptstadt Vaduz gehörten.

Alles ist klar für den 22. Januar: Da tritt der Steuersünder Klaus Zumwinkel vor seinen Richter und wird wohl mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. (Foto: Foto: AP)

Die Besteuerung von Fonds, die im Inland nicht registriert sind, ist umstritten. Es gibt dafür drei unterschiedlich teure Berechnungsarten, für Zumwinkel wurde der Mittelweg gewählt.

Alles ist also klar für den 22. Januar. Gegen 11 Uhr 30 wird der Vorsitzende Richter der 12. Großen Strafkammer des Landgerichts Bochum, Wolfgang Mittrup, den Prozess gegen Zumwinkel wegen Steuerhinterziehung in Höhe von knapp einer Million Euro eröffnen und vermutlich darlegen, warum aus seiner Sicht das Bochumer Gericht für den Kölner zuständig ist.

Auch das Weitere ist vorhersehbar: Der Angeklagte wird Fragen zur Person beantworten und ein Geständnis vortragen. Beim Plädoyer wird sein Anwalt Hanns Feigen vermutlich darauf hinweisen, dass der ehemalige Postchef an einen medialen Pranger gestellt und vorverurteilt wurde.

Einer der beiden Ankläger - Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel oder Staatsanwältin Daniela Wolters - wird wohl darauf hinweisen, dass Zumwinkel sehr vermögend ist und dennoch dem Staat nicht alles geben wollte, was des Staates ist.

Geld für guten Zweck

Am 26. Januar wird dann das Urteil verkündet: Zwei Jahre Haft auf Bewährung, möglicherweise auch etwas weniger. Eine Geldauflage von knapp einer Million Euro ist zu erwarten. Vermutlich wird die Welthungerhilfe kräftig bedacht.

Das alles könnte nur dann ganz anders ablaufen, wenn Zumwinkel im Gerichtssaal losschimpfen sollte und sich sehr widerspenstig zeigen würde. Die zu erwartende Strafe von zwei Jahre Haft auf Bewährung ist nicht zwischen Verteidigung, Gericht und Strafverfolgern nach den Regeln des Bundesgerichtshofs ausgedealt worden.

Es hat nur Gespräche zwischen der Verteidigung und der früheren Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen ohne Einschaltung des Gerichts gegeben. Die Ergebnisse sind bindend für die Staatsanwaltschaft. Die Bewährungsstrafe, heißt es von Beteiligten, sei eine "Erwartung", die alle hätten. Übersetzt heißt das: Das ist die obere Grenze.

In Steuerstrafverfahren kommt es oft auf die Postleitzahl an. In Hannover, Hamburg oder Bayern müssen Angeklagte in der Regel mehr Härte fürchten.

Auf dem Deutschen Steuerberatertag hat der renommierte Rechtsanwalt Franz Salditt vorigen Herbst zwei Urteile miteinander verglichen: Ein niedersächsischer Mittelständler sei nach einem langen Prozess, der 1999 begann, im Mai 2008 wegen Steuerhinterziehung von 437.000 Euro zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der Angeklagte ging in die Revision. Die umstrittenen Steuern habe er bezahlt.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum Steuerstrafverfahren in Deutschland unterschiedlich ausgehen können.

Salditt verglich dieses Verfahren mit dem ersten Prozess in der Liechtenstein-Affäre, der im Juli 2008 in Bochum stattfand. Angeklagt war ein Kaufmann aus Bad Homburg, der zwischen 2001 und 2006 gut 7,6 Millionen Euro Einkommensteuern sowie 419.478 Euro Soli hinterzogen hatte. Der Verteidiger sagte in dem Prozess, sein Mandant sei reuig. Der Anklagevorwurf sei zutreffend. Erklärungen zur Person trug ebenfalls der Anwalt vor.

In der Beweisaufnahme, die 23 Minuten dauerte, sagte der Angeklagte drei knappe Sätze und viermal "ja", um zu bekunden, dass er mit den Ausführungen seines Anwalts einverstanden sei. Der Angeklagte erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung und wurde zu einer Geldstrafe von rund 7,5 Millionen Euro verurteilt. Insgesamt zahlte er 15 Millionen Euro, kam aber frei.

Das Urteil ist auch deshalb bemerkenswert, weil der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung festgelegt hat, dass bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe die Freiheitsstrafe nur im Falle besonders gewichtiger Milderungsgründe außer Kraft gesetzt werden könne.

Bei 7,6 Millionen Euro ist die Mitwirkung des Angeklagten bei der Aufklärung und das reuige, vom Anwalt vorgetragene Geständnis vermutlich kein solcher Milderungsgrund.

Kooperation belohnt

"Wie aber kommt es", fragte Salditt, "dass die beiden nahezu gleichzeitig abgeschlossenen Verfahren so unterschiedlich ausgegangen waren? Die kleine und alte Sache übermäßig hart, die große und neue unangemessen mild?"

Das Entgegenkommen des Gerichts im Bochumer Fall beruhe womöglich darauf, dass der Kaufmann, weil umfassende Beweise fehlten, die Informationen selbst beischaffte. Staatsanwaltschaft und Gericht hatten seine Mitwirkung bei der Aufklärung gewürdigt.

"Für alles gibt es einen Preis", sagt Salditt, es gebe ein "Wechselspiel von Kooperation und Pression". Wer seine Verteidigung nach allen Regeln der Kunst durchfechten will, lebt also in Steuerstrafsachen gefährlich.

Das Bochumer Pilotverfahren sollte offenkundig auch ein Signal an andere Beschuldigte im Liechtenstein-Komplex sein, dass sich Kooperation über alle Maßen auszahlen kann.

Es war kein Zufall, dass der Fall mit dem Aktenzeichen 6KLs 350Js 1/08 als erster zur Anklage gebracht wurde. Gleichzeitig wird das Urteil, zumindest in Bochum, Richtschnur für alle künftigen Verfahren und damit auch für den Fall Zumwinkel sein.

© SZ vom 14.01.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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