Lichtblicke in der Krise:Einer gewinnt immer

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Deichmann, Rewe, Katjes: Viele Unternehmen machen trotz Krise gute Geschäfte. Welche Branchen der Wirtschaftsflaute trotzen - und wie ihr Erfolgsrezept lautet.

Stefan Weber

Auch in einer Krise gibt es Probleme, die andere gerne hätten. Der größte deutsche Schuhhändler Deichmann zum Beispiel, ein Familienunternehmen, sucht neue Verkaufsflächen. Mindestens 450 Quadratmeter, möglichst in Städten mit einem Einzugsgebiet von mehr als 30.000 Menschen. Knapp 60 Läden will der Branchenprimus in diesem Jahr in Deutschland eröffnen.

"Gegessen wird immer": Besonders in Krisenzeiten wächst der Hunger auf Süßes. Die Nahrungsmittelindustrie profitiert davon. (Foto: Foto: ddp)

Edeka und Rewe sind in einem ähnlichen Dilemma. Sie fahnden nach geeigneten Standorten für jeweils mehr als neue 100 Supermärkte. Und Aldi und Lidl, die beiden Dauerrivalen im Discount, liefern sich weiter ein Wettrennen um die besten Plätze. Sie eröffnen fast an jedem Arbeitstag neue Läden.

Die Expansionspläne der Filialisten geben einen Hinweis darauf, dass es dem Einzelhandel in Deutschland nicht ganz so schlecht geht, wie die Insolvenzen von Hertie und Woolworth oder die Probleme bei Karstadt vermuten lassen. "Gegessen wird immer", betont Alain Caparros, Vorstandschef der Rewe-Gruppe. Tatsächlich haben Lebensmittelhändler und Nahrungsmittelindustrie noch keinen Grund, groß zu klagen. Im Gegenteil.

Umsätze mit Nahrungsmitteln steigen

Sie profitieren davon, dass viele Verbraucher weniger Geld für Restaurantbesuche ausgeben und öfter zu Hause bleiben. "Dann handeln sie nach dem Motto: Wenn schon kein neuer Kühlschrank drin ist, sollte der alte wenigstens gut gefüllt sein", haben die Marktforscher der GfK und die Werbeagentur Serviceplan kürzlich in einer Studie festgestellt. Historische Zahlen der GfK belegen, dass die Umsätze mit Nahrungsmitteln in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders stark steigen, während alles andere, sogenannte Non-food-Artikel, weniger gefragt sind.

Das bestätigt auch Tobias Bachmüller, Chef des Süßwarenherstellers Katjes. "Zuckerwaren gönnen sich die Verbraucher auch in konjunkturell schwierigen Zeiten. Vielleicht sogar gerade dann, denn Süßes ist ein beliebter Seelentröster", meint er. So ist Bachmüller mit den Verkaufszahlen von Katjes in Deutschland hochzufrieden: "Viel wichtiger als die Krise ist für uns das Wetter."

Für Herbert Lütkestratkötter, den Chef des größten deutschen Baukonzerns Hochtief, hat die Krise sogar ihr Gutes. "Kein größeres Konjunkturprogramm, das jetzt im Zuge der Krise irgendwo auf der Welt angestoßen wird, geht an uns vorbei", freut sich der Manager. Hochtief erwirtschaftet weit mehr als zwei Drittel seines Umsatzes im Ausland. Vor allem in den USA sieht der Essener Konzern gute Chancen, Aufträge zu ergattern.

Neuer Schwung

Schließlich hat Präsident Barack Obama angekündigt, Milliardenbeträge in Infrastrukturprojekte sowie in Bildungs- und Gesundheitsimmobilien zu investieren. Auch in Deutschland erhofft sich das Hochtief-Management durch die angekündigten öffentlichen Investitionen eine kräftige Ankurbelung des Geschäfts. "Ab Sommer wird dieser Prozess richtig in Schwung kommen", prognostiziert Lütkestratkötter.

Davon werden auch andere Unternehmen profitieren, die in der Baubranche tätig sind - vorausgesetzt, ihre Klientel sind Bund, Länder oder Kommunen und nicht Wirtschaftsunternehmen oder Privatpersonen. Denn die meisten Firmen stellen Investitionen in neue Büros und Werkhallen zurück. Und die Zahl der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser ist in den ersten drei Monaten 2009 auf einen Tiefststand gesaust.

Stromkonzerne wie RWE, Eon oder Vattenfall sind dagegen froh, einen Großteil ihres Geschäfts mit privaten Haushalten zu machen. Denn die Verbraucher können nicht auf den Betrieb von Herd oder Waschmaschine verzichten und bescheren den Energieanbietern somit ein stabiles Geschäft. Dagegen sinkt in der Flaute der Energieverbrauch der Industrie, denn sie fährt viele ihrer Anlagen herunter.

Wenig anfällig gegen die Schwankungen der Konjunktur ist traditionell das Pharmageschäft, zumindest, wenn es sich um verschreibungspflichtige Arznei handelt. Denn wer krank ist, benötigt Medikamente, ganz gleich ob Krise ist oder nicht. Das freut Apotheken und Pharmahändler wie beispielsweise Celesio oder Gesundheitskonzerne wie Fresenius. Und das hilft auch dem Bayer-Konzern, turbulente Zeiten besser zu überstehen. Denn gute Verkaufszahlen im Arzneigeschäft federn den drastischen Einbruch, den das Unternehmen derzeit beim Absatz von Kunststoffen erleidet, zumindest ein wenig ab.

© SZ vom 30.04.2009/kaf/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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