Levis:Buttenheim und Börse

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Die Erben des Jeans-Erfinders Levi Strauss wollen die Firma für Aktionäre öffnen - und 800 Millionen Dollar einnehmen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Levi Strauss hätte die Idee vermutlich gefallen, denn nach allem, was man weiß, war der Mann aus Buttenheim bei Bamberg ein ebenso kluger wie fortschrittlicher Geschäftsmann: Gut 170 Jahre nachdem er mit Mutter und Schwestern von Oberfranken in die USA auswanderte, wollen seine Erben das von ihm gegründete Familienunternehmen an die Börse bringen. Nach Informationen des Wirtschaftsfernsehsenders CNBC soll die Ausgabe der Aktien, die für das erste Quartal 2019 geplant ist, bis zu 800 Millionen Dollar an frischem Kapital in die Kassen des Jeans-Herstellers bringen. Der Gesamtwert von Levi's läge damit bei fünf Milliarden Dollar.

Die Geschichte des Levi Strauss ist eine, wie sie so wohl nur im Amerika des 19. Jahrhunderts möglich war. Nach der Ankunft in New York arbeitet er zunächst im Kurzwarengeschäft der älteren Brüder, die bereits vor ihm ausgewandert sind. 1853, auf dem Höhepunkt des Goldrauschs, zieht er nach Kalifornien weiter, um reich zu werden, aber nicht, indem er selbst Edelmetall schürft, sondern indem er in San Francisco eine eigene Firma gründet und die aus aller Herren Länder herbeiströmenden Glücksritter mit Stoffen, Kleidung, Hosenträgern und Zahnbürsten versorgt.

Von Beginn an ist Strauss erfolgreich - vermögend aber wird er erst, als die Behörden ihm und dem Schneider Jacob Davis 1873 das Patent mit der Nummer 139 121 ausstellen. Zwar gibt es bereits Beinkleider aus strapazierfähigem Denim-Baumwollstoff, doch erst Davis' Idee, sie an leicht reißenden Stellen wie den Vordertaschen und dem geknöpften Schlitz mit Nieten zu verstärken, machten die "Hüft-Überziehhose" zum wohl erfolgreichsten Kleidungsstück aller Zeiten. Der Begriff Jeans allerdings, der auf die italienische Baumwollhosen-Metropole Genua zurückgeht, setzt sich erst Mitte des 20. Jahrhunderts durch.

Wie bei den meisten Textilfirmen ist auch die Geschichte von Levi Strauss & Co. in den vergangenen Jahrzehnten von vielen Aufs und Abs geprägt. 1971 hatten die Erben schon einmal den Gang an die Börse gewagt, nur um die Firma nach mehreren Rückschlägen 1984 wieder zurückzukaufen. Anfang des neuen Jahrtausends machte Levi's die Einführung des Onlinehandels zu schaffen. Zuletzt jedoch gelang der Firma, zu der auch die Marken Dockers, Signature und Denizen gehören, die Rückkehr in die Erfolgsspur: Für das Sommerquartal 2018 vermeldete sie einen Umsatzanstieg um zehn Prozent auf 1,4 Milliarden und einen Gewinnsprung um immerhin 45 Prozent auf 130 Millionen Dollar. Rund 50 000 Einzelhandelsgeschäfte in 110 Ländern bieten heute Levi's-Hosen zum Verkauf an.

Längst zählt Levi's zu jenen ikonischen Marken wie Coca-Cola, Ford oder McDonalds, mit denen die USA groß wurden. Immerhin: Das Image als Ausstatter harter Westmänner hält Firmenchef Chip Bergh nicht davon ab, sich immer wieder in aktuellen Debatten einzumischen. So sprach er sich nach der jüngsten Serie von Amokläufen in den USA für striktere Waffengesetze aus. "Auch wenn es bei manchen nicht gut ankommen mag, wenn wir Stellung beziehen", so Bergh: "Nichts zu tun ist keine Option mehr."

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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