Letztes Gruezi von Urs Rohner:Eine schnelle Scheidung

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Haim Saban ist noch nicht lange Pro-Sieben-Patron und schon ist er seinen Vorstandschef los. Mag die Trennung auch nicht unerwartet gekommen sein, ihr Tempo überrascht.

Von Hans-Jürgen Jakobs, Christopher Keil und Klaus Ott

Es ging um mehr als 400 Millionen Euro, und es wäre sein größter Coup geworden. In den vergangenen Wochen bearbeitete Urs Rohner die Chefs der Deutschen Fußball-Liga (DFL): Der Vorstandsvorsitzende der Pro Sieben Sat 1 Media AG wollte unbedingt die Bundesliga zurückholen. Die Spitzenspiele sollten Sonntagabend im werbefinanzierten Sender Sat 1 laufen, alle anderen Begegnungen dagegen in einem neuen, hauseigenen Abofernsehen (Pay TV).

Auch das Beten half nichts mehr: Urs Rohner (rechts) wurde von Haim Saban (links) verabschiedet. (Foto: Foto: dpa)

Schneidig bis zum Schluss

Der aus der Schweiz stammende Jurist trat in der heiklen Angelegenheit so auf, wie ihn die deutsche Medienbranche seit Anfang 2000 kennt, als er zum Chef der Pro-Sieben-Gruppe berufen wurde: Schneidig, eingenommen von sich und seinen Plänen, ohne den geringsten Selbstzweifel. Mit ihm werde die Bundesliga bessere Geschäfte denn je machen, lockte der 44-Jährige.

Daraus wird nichts. Die Bundesliga-Offerte gilt weiter, aber Rohner hat bei Deutschlands größtem Fernsehkonzern nichts mehr zu sagen. Auf Betreiben von Großaktionär Haim Saban und im Einverständnis mit dem Springer Verlag, einem weiteren wichtigen Teilhaber, berief der Aufsichtsrat am Dienstag einen neuen Vorstandschef.

Der Belgier und Saban-Vertraute Guillaume de Posch, 46, der erst seit September 2003 im Vorstand des Münchner TV-Konzerns arbeitet, wurde zum Nachfolger bestimmt. Es ist die vorerst letzte Folge in einer ganzen Serie von spektakulären Personaländerungen, zu deren Opfern zwei Vorstände und ein Senderchef zählen.

Auf Harmonie getrimmt

Bei einer Pressekonferenz machten der neue und der alte Chef sowie Haupteigentümer Saban nochmal ganz auf Harmonie. Im "Pro-Sieben Kino", einem Vorführraum der Zentrale im Münchner Vorort Unterföhring, erklärten sie den Stabwechsel. Rohner wolle ab 1. Juni in seiner Heimat auf eigenen Wunsch eine "neue berufliche Herausforderung" bei einem international tätigen Großunternehmen suchen, so die offizielle Version.

Es sei keine Fluggesellschaft, sagte Rohner, der im Verwaltungsrat der Swiss sitzt. Mit seinem gepflegten Englisch machte der Mann, der sich in der Schweiz um seine Mutter kümmern will, zum Finale einen recht guten Eindruck. Er schien Tränchen im Auge zu haben.

Saban bedauert

Saban ist Profi. Er bedauerte diese Entscheidung, bedankte sich bei Rohner ("Eine Ära geht zu Ende") und freute sich auf Posch. "More jobs", mehr Stellen, versprach der gebürtige Alexandriner mit dem Silberschlips. Unter der neuen Führung werde der Konzern "noch stärker" vom Wettbewerbsvorteil profitieren, mit Sat 1, Pro Sieben, Kabel 1 und N 24 vier Sender zu haben. Sabans Finanziers drängen auf höhere Renditen, um ihre Aktien künftig an der Börse versilbern zu können. Und sie glauben offenbar: De Posch ist dafür der Bessere.

Rohners Vertrag war erst im Herbst 2003 bis 2006 verlängert worden. Als Sabans Darling galt er nicht, aber die schnelle Scheidung ist doch überraschend. Ex-Hürdenläufer Rohner, der gern mit dem Jungvolk bei Skater-Abenden in München herumkurvte, kultivierte ein Siegerimage.

Der Wirtschaftsanwalt, der sich in heißen Börsenzeiten in Manhattan ausprobiert hat, war vom früheren Eigentümer Leo Kirch geholt worden, um die Fusion von ProSieben und Sat1 juristisch zu managen. Nach Kirchs Pleite hatte Rohner einen gewissen Freiraum; auf Saban, der den französischen Fernsehmarkt gut kennt, stellte er sich demonstrativ mit Wissen über TV-Sender in Paris ein. Es nutzte nichts.

Zu autoritär

Der Fernsehinvestor aus Los Angeles hatte mit anderen Investoren im August 2003 das Herzstück der Kirch-Insolvenzmasse gekauft; seitdem bestimmt er die Geschäfte der Sendergruppe. Dem Mann aus Malibu fiel schnell auf, wie frostig das Klima an der Münchner Konzernspitze war. Hier saß ein Chef, der gern austeilte und dozierend Leitende Angestellte in Schach hielt, selbst aber kaum Kritik akzeptierte. Rohner wusste a) meistens alles besser und machte b) alles richtig.

Das Verhältnis des Vorstandschefs zu vielen Führungskräften galt als denkbar schlecht. So könne man kein Team führen, verlautete bald aus Sabans Umgebung. Der neue Großaktionär hatte gemerkt, wie Stratege Rohner kurz vor dem Eigentümerwechsel die Chefs von Sat 1 und Pro Sieben, Martin Hoffmann und Nicolas Paalzow, hinauswerfen wollte. Die beiden waren für eine Nacht lang schon gefeuert, doch einige Aufsichtsräte opponierten. Anfang Dezember musste Hoffmann dann doch weichen.

Anfang vom Ende: Schmidt geht

Dessen Freund Harald Schmidt ging gleich mit und ließ seine Late-Night-Show auslaufen. Der Imageschaden für Sat 1 war verheerend. Rohner hätte erst Schmidts Vertrag verlängern und dann Hoffmann kündigen sollen, meckerten Aufsichtsräte.

Saban redete einige Male auf Rohner ein. Er solle sich doch bitte besser mit den eigenen Leuten arrangieren. Und tatsächlich: Der Schweizer neigte plötzlich stärker zur Teamarbeit. Die Wandlung aber kam zu spät. In den vergangenen Wochen gelangte Saban zur Erkenntnis, es sei Zeit für einen Wechsel.

© SZ vom 24.3.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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