Lebensmittel:Mehl teurer, Butter billiger

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Den trockenen Sommer bekommen Verbraucher jetzt im Discounter und Supermarkt zu spüren. Aldi passt die Preise bereits an - am Beispiel von Mehl und Butter lässt sich das Spiel um Angebot und Nachfrage gut ablesen.

Der trockene, heiße Sommer macht sich seit Anfang des Monats bei den Lebensmittelpreisen bemerkbar. Milch ist minimal teurer geworden, Mehl kostet deutlich mehr, Butter hingegen weniger. Die neuen Preise gelten für Produkte der untersten Preisklasse, die in der Regel im Discounter zu finden sind. Aldi Nord hat sie als erster Händler in seinen Filialen ausgezeichnet. Der Discounter ist vor allem dort vertreten, wo die Dürre besonders stark war: in Norddeutschland. Der Grund, warum sich die Trockenheit jetzt auf die Preise niederschlägt, sind die seit Anfang November für viele Produkte turnusmäßig erneuerten Lieferverträge.

Dass Aldi Nord als Erster die Preise anpasst, hat aber einen anderen Grund: Der Discounter will in den Augen der Verbraucher als der günstigste Anbieter gelten. Er will, wie es in der Branche heißt, seine Preisführerschaft verteidigen. Die hat er sich laut dem Fachblatt Lebensmittelzeitung vor gut einem Jahr vom Konkurrenten Lidl zurückerobert. Der Discounter der Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm behauptet zwar, er sei der günstigste Anbieter von Lebensmitteln "bester Qualität". Das kommunizierte Lidl jedenfalls groß in Anzeigen. Verbraucherpanels kürten aber Aldi Nord zum obersten Billigheimer.

Um das zu messen, werden in der Regel Warenkörbe mit identischen Produkten herangezogen und deren Preise verglichen. Darunter finden sich vor allem sogenannte Eckprodukte, Lebensmittel, die so gut wie jeder Verbraucher einkauft und an denen er festmacht, ob ein Händler günstig oder teuer ist. Zu den wichtigsten Eckprodukte zählen, klar: Milch, Mehl und Butter. Kein Wunder also, dass Aldi Nord hier die Preise anpasste. Wobei sich Aldi nach eigener Darstellung nach den Einkaufspreise richtet und "grundsätzlich dem marktwirtschaftlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage" folgt.

Wer billig ist, zu dem kommen die Kunden

Die günstigsten Preise anzubieten, gehört aber seit den Sechzigerjahren zum Markenkern von Aldi Nord und Süd - und den gilt es aus Sicht des Discounters unbedingt zu schützen, vor Angriffen nicht nur von Lidl, sondern auch Drogeriemärkten wie dm und Rossmann. Denn die "Preisführerschaft" bringt vielerlei Vorteile mit sich: Wer sie innehat, kann davon ausgehen, dass deswegen die Kunden in den Laden kommen und dem Händler treu bleiben; die Lieferanten müssen vielleicht auf Marge verzichten, können sie aber durch höheren Absatz mehr als wettmachen. Ein Grund, sich an den Preisführer zu binden.

Wer die Preise dominiert, hat auch enormen Einfluss auf seine Konkurrenten. In der Regel ziehen andere Lebensmittelhändler nach, wenn Aldi an der Preisschraube dreht, nach oben wie nach unten. Und so war es auch diesmal. Netto beispielsweise, der Discounter von Edeka, hat sofort reagiert und die Preise entsprechend verändert. Entscheidend dabei ist, dass der Preisführer seine Preispolitik gut begründen kann. Bei Weizen ist das kein Problem.

Der mangelnde Regen und die große Hitze verursachten Ernteausfälle, die geringeren Mengen Weizen trieben die Preise nach oben, wodurch auch das Weizenmehl im Laden teurer wurde. Aldi Nord hob den Preis für die günstigste Ein-Kilo-Packung um vier auf 39 Cent an. Das klingt nicht nach viel, ist aber ein Anstieg um gut elf Prozent. Der Blick auf die langfristige Entwicklung der Weizenmehlpreise zeigt: Die außergewöhnliche Dürre hat keinen extremen Preisanstieg verursacht. Zwischen 2011 und 2013 war das günstigste Mehl beim Discounter schon mal teurer. "Es ist nicht so, dass die Nahrungsmittelpreise durch die Decke gehen", sagt Marktanalyst Thomas Els von der Agrarmarkt Informationsgesellschaft.

Die Butterpreise sinken sogar, nachdem sie im Herbst vergangenen Jahres auf einem vorläufigen Höchststand angelangt waren. Deutsche Markenbutter kostet bei Aldi seit Freitag 1,69 Euro. Vor etwa einem Jahr waren es schon mal 30 Cent mehr. An den gegenläufigen Preisentwicklungen bei Weizen und Butter lässt sich das Spiel von Angebot und Nachfrage gut ablesen. Das Auf und Ab von Angebot und Nachfrage zieht steigende beziehungsweise sinkende Preise nach sich. Da das Wechselspiel bei Agrarprodukten besonders deutlich zu beobachten ist, sprechen Ökonomen vom Schweinezyklus. Denn erstmals nachgewiesen wurde der Zusammenhang bei Schweinen, daher der Name.

Gemeint damit ist, dass Bauern mehr Schweine aufziehen, wenn sie hohe Preise damit erzielen. Dadurch steigt das Angebot. Weil die Nachfrage in der Regel nicht Schritt hält, kommt es jedoch irgendwann zu einem Überangebot und in dessen Folge zu sinkenden Preisen. Schon beim hohen Butterpreis im vergangenen Herbst war abzusehen, dass die Preissteigerungen nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Heute liegt der Butterpreis wieder auf einem mittleren Niveau, und zwar nicht, weil Aldi den Preis dort veranschlagt, so weit reicht seine Marktmacht nicht. Sondern weil das Spiel von Angebot und Nachfrage es so will, der Discount schnell darauf reagiert und die Preise an die Verbraucher weitergibt.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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