Kuka:Der "Hüter des Grals" geht

Lesezeit: 1 min

Die Befürchtung ist, dass die Chinesen beim Roboterhersteller durchgreifen.

Von Christoph Giesen, Peking

"Liebe KUKAner", beginnt das Schreiben, das am Freitag beim Roboterhersteller in Augsburg die Runde machte. "Der Generalbevollmächtigte Herr Dr. Siegfried Schwung wird unser Unternehmen zum 31.03.2019 verlassen." Es folgen die üblichen Komplimente, ein Lob für die "sehr gute, erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit", was man halt so sagt, wenn man sich trennt. Verschickt wurde der Abschied nur intern, als sei Schwungs Ausscheiden keine große Sache. Doch was so unscheinbar daherkommt, ist ein gewaltiger Einschnitt.

Siegfried Schwung war der Architekt jener Investorenvereinbarung, die den Milliarden-Verkauf von Kuka an den chinesischen Midea-Konzern vor gut zweieinhalb Jahren überhaupt erst möglich machte. Der Fall Kuka wurde damals zum Symbol für die neue chinesische Kaufwut in Deutschland. Midea aber versicherte stets: Kuka bleibt Kuka.

Um Zweifeln vorzubeugen, wurde jenes Abkommen ausgehandelt, wonach nur der Vorstand über Standorte und Beschäftigung entscheiden sollte, Laufzeit bis 2023, der chinesische Eigentümer also sollte allein die Dinge nicht verändern können. Patente sollten in Deutschland verbleiben. Und: Die chinesische Mutterfirma sollte keinen Zugriff auf die Kundendaten haben.

Wie eine Blaupause wurde Schwungs Werk in den vergangenen Jahren herumgereicht, Gewerkschaften drängten bei Übernahmen aus der Volksrepublik auf ähnliche Verträge. Alles schien gut zu sein. Bis Ende 2018, da musste auf einmal Till Reuter, der Vorstandsvorsitzende von Kuka, gehen. Die Chinesen hatten also doch durchregiert. Reuter war Schwungs Chef, er hatte ihn zu Kuka geholt, beide hatten sie früher für Daimler gearbeitet. Nach Reuters Abgang nannten sie Schwung in Augsburg den "Hüter des Grals".

Wie lange würde Schwung sich im Unternehmen halten? Das war der Lackmustest. Die erste Verfärbung zeigte sich, schon nach wenigen Tagen als sich Midea-Statthalter und Aufsichtsratschef Andy Gu in einem Tagesspiegel-Interview bemerkenswert offen äußerte: "Peter Mohnen muss nun beweisen, dass er Kuka führen kann. Er muss die entsprechenden Ergebnisse liefern und uns überzeugen, dass er für die Aufgabe geeignet ist." Als der Text erschien, war Mohnen als Interimschef gerade 48 Stunden im neuen Amt. Eine Kampfansage und womöglich auch ein Verstoß gegen die Vereinbarung. Jetzt ist Schwung weg. Die Angst ist groß, dass der Vorstand künftig nicht mehr im Interesse von Kuka handelt. Vertrag hin oder her.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: