Kryptogeld:Sehr lustig

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Bier am Strand: Das Foto twitterte Hankir, viele dachten, er wäre mit Anlegergeld ausgebüchst. (Foto: twitter/YassinHankir)

Der Savedroid-Gründer täuscht vor, mit Millionen abgetaucht zu sein. Was als Marketing-Maßnahme zur Warnung gedacht war, könnte ein negatives Nachspiel haben.

Von Nils Wischmeyer, München

Es war eine beachtliche Summe, die das Start-up Savedroid eingesammelt hatte: 40 Millionen Euro kassierte das Unternehmen mithilfe einer sogenannten Inital Coin Offering (ICO), dem unregulierten Krypto-Pendant zu einem Börsengang. Unternehmen geben für Geld aber keine Anteile, sondern Tokens aus. Das sind quasi Gutscheine für künftige Leistungen. Bei Savedroid hatten viele Privatanleger investiert, in der Hoffnung ein gutes Geschäft zu machen. Immerhin hat das Unternehmen mit einer Spar-App, die von jungen Leuten genutzt wird, bereits ein Geschäftsmodell.

Doch plötzlich mussten Anleger um ihr Geld bangen. Zuerst verschwand am Mittwoch die Webseite der Firma, stattdessen prangte dort ein Meme aus der Cartoon-Serie South Park mit den Worten "And it's gone" (und es ist weg). Gründer Yassin Hankir postete ein Foto von sich am Flughafen und eines mit Bier am Strand, das Büro in Frankfurt war verwaist - und niemand erreichbar. Im Internet überboten sich die Kommentatoren mit Spekulationen. Viele glaubten, Hankir sei mit den 40 Millionen Euro abgetaucht.

Wie sich nun herausstellt, war alles nur ein von langer Hand geplanter "Scherz" des Savedroid-Teams. Donnerstagvormittag löste Hankir ihn auf, die Webseite des Unternehmens ist wieder online, das Geld war offenbar nie weg. All das soll bloß ein großer PR-Stunt gewesen sein, heißt es bei Savedroid. Ein Gag, der allerdings ziemlich nach hinten losgehen könnte: Die Anleger sind wütend, mussten sie doch stundenlang um ihr Geld bangen. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt prüft gar, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen Savedroid einleitet. Eine Sprecherin bestätigte, dass man den Vorfall prüfe.

Der gesamte PR-Stunt dient angeblich dazu, Aufmerksamkeit auf die vielen Betrügereien im ICO-Sektor zu lenken. Das sagte Hankir in einer Videobotschaft auf der Webseite des Unternehmens. Darin fordert er eine bessere Regulierung der Krypto-Börsengänge. Es sei zu einfach, das Geld von Privatanlegern zu nehmen und damit abzuhauen. Der eigene PR-Gag sei dafür das beste Beispiel, sagte der Savedroid-Gründer.

Damit spricht er tatsächlich ein wichtiges Thema an, das in der Branche oft diskutiert wird. Immerhin sind verschiedenen Schätzungen zufolge rund die Hälfte aller ICOs Betrügereien. Die Finanzaufsichten in Deutschland, USA und auch der EU warnen deshalb vor den Krypto-Börsengängen, China hat sie bereits komplett verboten. Trotzdem investieren viele Privatanleger ihr Erspartes und hoffen, ein gutes Geschäft zu machen. Die Botschaft von Hankir ist gerade deshalb wichtig.

Fraglich bleibt hingegen, ob ein vorgetäuschtes Abtauchen der richtige Weg war, um sie zu überbringen. Denn das gesamte Internet ist nun voll von Berichten, über einen angeblichen Anlegerbetrug bei Savedroid. Viele, die die Geschichte nur am Rande verfolgt haben, dürften der Firma nun skeptisch gegenüberstehen. Und den ehrlichen Krypto-Firmen hat Hankir mit der gesamten Aktion einen Bärendienst erwiesen. Sie dürften nach dem falschen Alarm noch mehr Probleme haben, Kunden und Investoren für ihr Thema zu begeistern. Über Nacht abzutauchen und Anleger im Unklaren zu lassen, hat das Vertrauen nicht gefördert.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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