Krisengipfel Bahn/GDL:"Schaum vom Mund wischen"

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Gipfeltreffen der Streithähne: Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und GDL-Chef Manfred Schell wollen's noch einmal im Guten versuchen - und kehren nun doch an den Verhandlungstisch zurück.

Detlef Esslinger

Das erste Friedenssignal kam bereits am Morgen: Vielleicht hatte sich Hartmut Mehdorn ja doch erschrocken, welche Wirkung seine Worte vom Vortag erzielten - indem er den Lokführern vorgeworfen hatte, einen "Krieg durch Streik" zu führen, hatte er den Tarifkonflikt bei der Bahn auf eine neue Eskalationsstufe gehoben.

Nun verbreitete er am Mittwochmorgen eine Erklärung des Inhalts, dass er den Lokführer-Streik nicht mit einem Krieg gleichsetze - und es ihm auch keineswegs darum gehe, die GDL zu vernichten: "Es geht einzig und allein darum, Forderungen abzuwehren, die das Unternehmen wirtschaftlich nicht verkraften kann", erklärte Mehdorn. Gerade er sei einer, "der die Sozialpartnerschaft immer wieder gefördert hat", weil man eine Firma nicht gegen die Belegschaft führen könne.

Zu der Zeit war längst die Einladung zu einem Vier-plus-zwei-Treffen verschickt, das an diesem Donnerstag um 17 Uhr stattfinden und das den Konflikt zumindest entschärfen soll. Werner Müller, der Aufsichtsratsvorsitzende der Bahn, hat dazu - bereits in der vergangenen Woche - das Präsidium des Gremiums und zwei Gäste in den Berliner Bahntower eingeladen. Das Präsidium, dies sind außer ihm sein Vize Norbert Hansen (der Vorsitzende der Eisenbahn-Gewerkschaft Transnet), der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Jörg Hennerkes, sowie der Vorsitzende des Bahn-Betriebsrats, Günter Kirchheim. Die beiden Gäste sind der Vorstandschef der Bahn, Hartmut Mehdorn, sowie GDL-Chef Manfred Schell.

Eine Absage für Kerner

Es soll in dem Gespräch nach SZ-Informationen nicht um inhaltliche Verhandlungen gehen, also nicht darum, unter welchen und zu welchen Bedingungen die Lokführer doch noch ihren eigenständigen Tarifvertrag bekommen. Es geht darum, die Gesprächsatmosphäre zwischen Mehdorn und Schell wieder herzustellen - "Schaum vom Mund zu wischen", wie ein Gesprächspartner am Mittwoch sagte.

Aufsichtsratschef Müller, der Chef des Essener Industriekonzerns Evonik und frühere Bundeswirtschaftsminister, greift mit seiner Initiative Forderungen auf, die Politik solle im Staatsunternehmen Bahn vermitteln. Tatsächlich jedoch können sich Politiker dazu kaum bereit finden, ihnen würde sofort ein Eingriff in die Tarifautonomie unterstellt - der Aufsichtsratsvorsitzende hingegen ist in dieser Hinsicht unverdächtig. Der Bild-Zeitung ließ Müller am Mittwochnachmittag ausrichten: "Wir müssen eine faire Lösung hinbekommen, damit das Land keinen Schaden nimmt. Das gilt für die Bahn, die Lokführer und alle Kunden."

Zuspruch der Bevölkerung

Die öffentlichen Sympathien scheinen unterdessen auf Seiten der GDL zu liegen. Nach einer Umfrage der Zeitschrift Stern halten es 55 Prozent der Befragten für richtig, dass die Lokführer nach den gescheiterten Tarifverhandlungen die Arbeit niederlegen. 40 Prozent lehnten den Streik ab, meldete die Zeitschrift.

Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) rief Mehdorn und Schell auf, ihre Konflikte persönlich und nicht über die Medien zu lösen. Immerhin hatte Schell bereits in den Tagen zuvor seine Prioritäten neu geordnet: Am Dienstag noch wunderte sich die Redaktion des ZDF-Moderators Johannes B. Kerner, warum der GDL-Chef eine Einladung für Donnerstag in die Talkshow absagte - "aus Termingründen". Dass er sich ein solches Forum entgehen lässt.

Nun wissen sie bei Kerner, warum: Die Sendung wird immer um 17 Uhr aufgezeichnet - genau zu der Zeit also, wenn Schell an diesem Donnerstag im Berliner Bahntower erwartet wird.

© SZ vom 11.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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