Kontrolle von Zahnarztrechnungen:Einen Nerv getroffen

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"Absurde Forderung", "Chuzpe": Die Zahnärzte wehren sich gegen die Transparenz-Forderung der Kassen. Unterstützung erhalten sie von der Union, die SPD hingegen unterstützt den Vorstoß der Krankenkassen.

Guido Bohsem, Berlin

Die Reaktion der Zahnärzteschaft fiel heftig aus. "Absurde Forderung", urteilte der Vorstandschef der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz. Der Präsident der Zahnärztekammer, Peter Engel, sieht den Versuch, die Zahnmediziner zum Sündenbock zu stempeln. Nein, das Forderungspapier des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen kam nicht gut an bei den Interessenvertretern der 54.000 deutschen Zahnärzte.

In einem Vorstandspapier hatte sich die Spitzenorganisation der Krankenkassen für mehr Kontrolle im zahnmedizinischen Bereich ausgesprochen und dabei den Anspruch formuliert, künftig auch den Teil der Zahnarztrechnung kontrollieren zu wollen, der von den Patienten allein bezahlt wird. Weil die Versicherten von der Materie in der Regel überfordert seien, wolle man ihnen helfen, hatte der Vizechef des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, angekündigt.

Ferner wollen die Kassen eine eigene Gebührenordnung festlegen. Nach dieser sollen dann die Leistungen der Zahnmediziner künftig abgerechnet werden und nicht mehr wie bisher nach der Gebührenordnung für Privatpatienten. Nach Stackelbergs Worten würde dies die privaten Rechnungen für den Zahnersatz deutlich drücken.

Für Zahnärzte-Chef Fedderwitz sind die Forderungen eine Frechheit. Die Kassen hätten die Ausgaben für die zahnmedizinische Betreuung ihrer Versicherten über die Jahre immer weiter zurückgefahren. "Jetzt wollen sie ihre Leistungsschwäche kompensieren, indem sie Rechnungen kopieren, die sie gar nicht bezahlen. Das nenne ich Chuzpe."

Laut Fedderwitz hätten die Krankenkassen Anfang der neunziger Jahre noch über zehn Prozent ihrer Leistungsausgaben in die zahnmedizinische Versorgung gesteckt. Derzeit seien es gerade noch sieben Prozent. "Es ist ärgerlich, wenn sich die Kassen vordergründig als Anwälte unserer Patienten aufspielen, während sie im Hintergrund Versorgungsdefizite trotz üppiger Finanzpolster ignorieren, die Bewilligung beantragter Leistungen verschleppen und sich die Einsparungen aus der Zahnmedizin in die ohnehin vollen Tasche stecken."

Auch der Präsident der Zahnärztekammer, Engel, reagierte verärgert und wies den Vorwurf der intransparenten Abrechnung zurück. Wenn ein Patient zahnmedizinische Leistungen außerhalb des Regelkatalogs der gesetzlichen Krankenkassen erhalte, würden diese nach der Gebührenordnung abgerechnet. Wenn die Kassen nur von ihnen festgelegte Grundleistungen bezahlten, könnten sie die unter Umständen notwendigen Zuzahlungen nicht den Zahnärzten ankreiden, sagte Engel. Diese werde zum Beispiel fällig, wenn der Patient keine Füllung aus Amalgam wolle, sondern lieber aus Kunststoff oder Keramik.

Durch die finanzielle Beteiligung des Patienten komme es häufiger zu Nachfragen, die auch bei der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) eingingen. Generell aber seien 91 Prozent der Patienten zufrieden oder sehr zufrieden mit ihren Zahnärzten, sagte Engel und verwies auf eine Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie.

Kurzfristig dürfte die Initiative der Kassen keine Aussicht auf Erfolg haben, denn in der schwarz-gelben Regierungskoalition fand sich gestern kein Unterstützer. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), sagte, die Kassen könnten diese Dienstleistung ihren Versicherten schon heute aktiv anbieten und mit Service punkten. "Eine gesetzliche Regelung braucht es da definitiv nicht, sie wäre auch ordnungspolitisch falsch." Auch das Gesundheitsministerium zeigte sich skeptisch.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, unterstützt hingegen den Vorstoß der Kassen. "Es gibt enorme Preisunterschiede für vergleichbare Leistungen." Einige Zahnärzte kassierten ihre Patienten systematisch ab, während viele korrekt abrechneten. Die Auswertung solle veröffentlicht werden.

© SZ vom 11.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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