Konsolidierung in der Luftfahrt:Lufthansa übernimmt Swiss

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Laut Beschluss der Vorstände wird Swiss Air vollständig in das deutsche Unternehmen integriert. Jetzt müssen nur noch die Aufsichtsräte beider Konzerne zustimmen.

Von Sibylle Haas und Thomas Kirchner

Die beiden Luftfahrtunternehmen teilten am Sonntagabend mit, dass sie sich auf "ein gemeinsames Geschäftsmodell" geeinigt hätten. Die schweizerische Gesellschaft soll weiter Swiss heißen. Sie ist die Nachfolgerin der im Oktober 2001 zusammengebrochenen Swissair.

Die deutsche Lufthansa schluckt das schweizerische Nationalsymbol Swiss Air. (Foto: Foto: dpa)

Es wurde auch vereinbart, dass der Flughafen Zürich weiterhin das Drehkreuz der internationalen Swiss-Destinationen bleiben wird. Alle wichtigen Ziele der Gesellschaft sollen erhalten bleiben. Auch soll die Zahl der Langstrecken-Flugzeuge bei 18 belassen oder sogar leicht erhöht werden. Der Plan soll am heutigen Montagabend den Swiss-Aktionären in Zürich offiziell vorgestellt werden.

Ein symbolischer Preis

Vorgesehen ist, dass die Lufthansa zunächst die 86 Prozent der Anteile an Swiss übernimmt, die vor allem bei Banken und dem Schweizer Staat liegen. Laut Spekulationen soll Lufthansa für Swiss einen symbolischen Preis von einem Franken bezahlen.

Den freien Aktionären, die 14 Prozent der Aktien halten, soll ein Verkaufspreis geboten werden, der dem Durchschnittswert der vergangenen 30 Tage entspricht.

Insgesamt müsse die Lufthansa dafür nur 50 bis 60 Millionen Euro aufbringen, hieß es in verhandlungsnahen Kreisen. Größer Aktionär ist mit 20 Prozent der Schweizer Staat. Die Banken UBS und Credit Suisse halten je 10 Prozent.

Auf Dauer nicht lebensfähig

Swiss steckt tief in den roten Zahlen. 2004 schrieb die Airline einen Verlust von 90 Millionen Euro. Lufthansa hat im vergangenen Jahr 45 Millionen Passagiere befördert, der Umsatz betrug 16 Milliarden Euro, bei einem Gewinn von 400 Millionen Euro.

Sie beschäftigt 90 000 Mitarbeiter. Gemäß Schweizer Presseberichten bestehen die Deutschen nicht mehr auf einer Kapitalerhöhung bei der Swiss, die der Schweizer Staat zu schultern gehabt hätte.

Über die Übernahme der Swiss durch die Lufthansa war seit längerem spekuliert worden. Die jetzigen Gespräche laufen dem Vernehmen seit einem halben Jahr. Schon im August 2003 hatten Lufthansa und Swiss, damals noch unter Konzernchef André Dosé, intensiv über eine Kooperation verhandelt. Dosé selbst war schon damals klar, dass die Fluggesellschaft ohne Partner auf Dauer nicht lebensfähig sein würde.

Freier Zugriff auf Kundendaten

Doch scheiterten die Gespräche einerseits am Widerwillen in der Schweizer Politik, die Gesellschaft ausgerechnet in deutsche Hände zu geben. Andererseits seien die finanziellen Forderungen der Lufthansa-Führung nicht zu erfüllen gewesen, erklärte Dosé später. Die Deutschen gaben damals die Formel aus, dass Swiss die Tür zu Verhandlungen zugeschlagen, Lufthansa sie aber nicht abgeschlossen habe.

Bald darauf schlossen die Schweizer ein Bündnis mit dem Lufthansa-Konkurrenten British Airways, das zum ersehnten Eintritt in die Oneworld-Allianz führen sollte. Doch der Plan misslang, weil die Schweizer nicht bereit waren, den Briten freien Zugriff auf ihre Kundendaten zu gewähren.

In der Zwischenzeit machte Swiss, die seit Beginn im Frühjahr 2002 niemals schwarze Zahlen schreiben konnte, weiter Verluste und versuchte, dem Abschmelzen des Eigenkapitals mit Entlassungen und Sparrunden entgegenzuwirken. Die Zahl der Arbeitsplätze sank von ursprünglich mehr als 11 000 auf inzwischen nur noch 6625.

Neue Form, alte Größe

Erschwert wurde die Sanierung durch Krisen wie den Irak-Krieg und die Sars-Epidemie, aber auch durch heftigen Widerstand in der Belegschaft. Die Kulturen der Regionalfluggesellschaft Crossair und der alten Swissair, aus denen Swiss gebildet wurde, gelten als unvereinbar. Wegen mangelnden Rückhalts im Verwaltungsrat gab Dosé schließlich vor einem Jahr auf.

Ersetzt wurde er durch den Ex-Lufthansa- und Deutsche-Bahn-Manager Christoph Franz. Der Deutsche setzte die harte Sanierung, die Lufthansa immer gefordert hatte, energisch durch. Swiss schrumpft seither immer weiter und soll auch in Zukunft jährlich 300 Millionen Euro einsparen.

Der Gründung der Swiss war ein Kraftakt von Politik, Großbanken und mehreren Unternehmen vorausgegangen. Allein die öffentliche Hand stellte ein Kapital von 2,7 Milliarden Franken zur Verfügung. Alle Beteiligten spürten damals die Verpflichtung, das Nationalsymbol Swissair in neuer Form, aber alter Größe wiederauferstehen zu lassen und die Arbeitsplätze zu retten.

© SZ vom 14.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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