Konjunktur 2009:Meister im Schwarzsehen

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Eskalation der Prognosen: Das neueste Horrorszenario für die Konjunktur kommt vom IfW aus Kiel - die Experten rechnen mit einem Negativwachstum von 2,7 Prozent.

Der deutsche Meister im Schwarzsehen kommt aus Kiel. Nachdem sich die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute in den vergangenen Tagen bereits einen regelrechten Wettkampf darin geliefert hatten, die Rezession in Zahlen zu fassen, legt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) nach - und gibt die bislang düsterste Konjunkturprognose für 2009 ab. Statt eines bisher erwarteten geringen Wachstums von 0,2 Prozent 2009 werde die Wirtschaftsleistung um minus 2,7 Prozent schrumpfen, teilte das Institut mit. "Deutschland steht vermutlich vor der schwersten Rezession in der Nachkriegszeit." Auch die Wachstumsprognose für das laufende Jahr haben die Forscher gekappt. Für das Gesamtjahr 2008 haben die Forscher das Wachstum von 1,9 Prozent auf 1,5 Prozent reduziert.

Die Forscher sind pessimistisch: Für 2009 erwarten die Experten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft ein Absinken der Wirtschaftsleistung um 2,7 Prozent. (Foto: Foto: ddp)

Die bisher trübste Konjunkturprognose des Münchner Ifo-Instituts legt ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um 2,2 Prozent zugrunde. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinsitut ermittelte ein Minus von 1,2 Prozent, das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft glaubt an eine Spanne zwischen minus 1,5 und minus zwei Prozent - und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung rechnet mit einem Negativwachstum von zwei Prozent.

Negative Stimmung

Nun setzten sich die Kieler Forscher jedoch an die Spitze der Pessimisten. Das erwartete Minus wäre dreimal so groß wie im bisher schlechtesten Wirtschaftsjahr in der Geschichte der Bundesrepublik: 1975 ging das Bruttoinlandsprodukt um 0,9 Prozent zurück.

Das IfW nennt eine Reihe von Gründen für den extrem pessimistischen Ausblick: Die Forscher verweisen auf die Produktionsstopps mehrerer Großunternehmen, die weit in das Jahr 2009 hineinreichen. Auch die Stimmungsumfragen unter den Firmen seien kräftig eingebrochen. Und die Exporterwartungen lägen in der Nähe historischer Tiefstände, erklärte das IfW: "Für das Jahr 2009 erwarten wir einen Rückgang der realen Exporte um 8,9 Prozent; für das Jahr 2010 ist mit einer leicht positiven Rate (2,6 Prozent) zu rechnen."

Folgen für den Arbeitsmarkt

Bereits jetzt steckt die Wirtschaft den Forschern zufolge tief in der Krise. "Für das Winterhalbjahr 2008/2009 ist ein Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Produktion wahrscheinlich", schrieben die Experten. Im Herbst dürfte die Wirtschaft um 4,5 Prozent gesunken sein, für den Jahresauftakt 2009 erwarten die Experten sogar ein Minus von 5,0 Prozent. Auch im weiteren Jahresverlauf werde die Produktion in der Tendenz sinken, auch wenn es zeitweise leichte Anstiege geben werde, wenn die großen Unternehmen ihre Fabriken wieder in Betrieb nähmen.

Folgen wird das auch auf die Entwicklung der Beschäftigungszahlen haben. Allerdings dürfte der Arbeitsmarkt etwas glimpflicher durch die Rezession kommen als in der Vergangenheit, vor allem wegen der Arbeitsmarktreformen und rückläufiger Lohnkosten. Zudem habe die Bundesregierung durch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes Anreize geschaffen, Arbeitsplätze zu erhalten. 2009 rechnen die Kieler Forscher mit 3,7 Millionen Menschen ohne Arbeitsplatz, 2010 mit 3,9 Millionen. Die Arbeitslosenquote werde bis dann um fast zwei Prozentpunkte auf 9,5 Prozent steigen.

Hoffnung macht den Kieler Wirtschaftsforschern die Inlandsnachfrage: "Von der Binnennachfrage werden im Prognosezeitraum alles in allem stabilisierende Wirkungen auf die Konjunktur ausgehen", heißt es. Steuerentlastungen und die gesunkenen Energiepreise kämen den Verbrauchern zugute, sagt das IfW.

© sueddeutsche.de/Reuters/AP/dpa/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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