Kommentar:Zurück im Alltag

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Nach dem Unglück soll bei Lufthansa Normalität einkehren. Die Frage lautet: Wie soll der Pilotenkonflikt nun geklärt werden?

Von Jens Flottau

Die Hauptversammlung sollte für die Lufthansa eine Art Rückkehr zur Normalität nach dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März sein. Vorstandschef Carsten Spohr hob in seiner Rede beeindruckend glaubwürdig hervor, wie sehr alle weiter unter Schock stünden, warum es aber auch unmöglich sei, im Betrieb innezuhalten. Die alten Probleme aus der Zeit vor dem 24. März gibt es ja weiter.

Zurück zur Normalität bedeutet bei Lufthansa vor allem zurück zum Pilotenkonflikt, der derzeit alles überschattet. Auf den ersten Blick bringt die vom Vorstand nun vorgeschlagene und seit langem von der Vereinigung Cockpit (VC) geforderte Gesamtschlichtung das leidige Thema einer Lösung näher. Doch die Wirklichkeit wird anders sein: Sollte die Gewerkschaft dieser Schlichtung zustimmen, so bedeutet dies nur, dass die Piloten bei Lufthansa wohl sehr lange nicht streiken werden. Es sind so viele Tarifverträge zu verhandeln, dass ein Schlichterspruch definitiv nicht mehr in diesem Jahr zu erwarten ist.

In einer Schlichtung müssen beide Seite Abstriche machen. Was am Ende in Sachen Übergangsversorgung oder der angesichts von Niedrigzinsen noch viel teureren Altersversorgung für Lufthansa herauskommen könnte, wird nicht reichen, um das Unternehmen in seinem Kerngeschäft wieder wettbewerbsfähig zu machen. Schließlich kommt das Management zu der zutreffenden Analyse, dass Lufthansa alleine auf den Langstrecken um bis zu 30 Prozent zu teuer arbeitet. Die wirklichen Verhandlungen würden erst danach stattfinden.

Das Dilemma aus Sicht des Unternehmens besteht darin, dass ohne Schlichtung wieder Streiks drohen, die Schlichtung selbst aber weitere Zeit kostet, die Lufthansa nicht hat. Es wäre daher, so schmerzlich dies wohl kurzfristig auch wäre, besser gewesen, weiter hart zu bleiben. Druckmittel hat die Lufthansa, denn sie kann das Fluggeschäft verkleinern und dann auch mit Kündigungen bei den Piloten drohen. Einziger Vorteil der Schlichtung: Lufthansa hätte Zeit gewonnen, die Billigsparte Eurowings aufzubauen.

Andererseits ist es gar nicht ausgemacht, dass die VC das Angebot überhaupt annimmt. Denn sie will in einer Schlichtung auch über das Billigkonzept Germanwings reden - das immerhin schließt Lufthansa weiter aus.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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