Kommentar:Wie Siemens aus der Krise käme

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Klaus Kleinfeld hat Siemens ehrgeizige Renditeziele verordnet, und er hat kürzlich gute Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Seine größte Aufgabe steht dem seit Anfang 2005 amtierenden Konzernchef aber noch bevor.

Klaus Ott

Kleinfeld muss den Skandal um schwarze Kassen und offenkundig systematische Schmiergeldzahlungen in der halben Welt bewältigen. Es gehe hier um die "Fundamente unseres auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmens", hatte der Vorstandsvorsitzende zusammen mit seinem Vorgänger, dem heutigen Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, der Belegschaft geschrieben.

Zwei Vorhaben sind notwendig, um Siemens aus der Krise zu führen, und beide sollten bei der Aufsichtsratssitzung an diesem Montag beschlossen beziehungsweise besprochen werden. Der Konzern muss auf die Schnelle für Aufklärung sorgen, parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Ära Pierer darf nicht tabu sein

Dazu sind unabhängige Wirtschaftsprüfer erforderlich, die bislang nichts mit Siemens zu tun hatten und die uneingeschränkt alles untersuchen dürfen. Auch auf die Gefahr hin, dass die Ära Pierer nachträglich in einem ganz anderen, in einem trüben Licht erscheint.

Kleinfeld und der Aufsichtsrat dürfen nicht warten, bis die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abschließt oder die US-Börsenaufsicht SEC einmarschiert und den Konzern selbst durchleuchtet. Sonst ist irgendwann der Ruf ruiniert. Seriöse Geschäftspartner könnten sich abwenden; einzelne Länder oder Ministerien könnten Siemens für Aufträge sperren. In Norwegen läuft bereits ein entsprechendes Verfahren.

Um die Korruption generell einzudämmen, müsste Kleinfeld in einem Kraftakt die Unternehmenskultur ändern.Von außen betrachtet wirkt es inzwischen so, als sei Bestechung in der Vergangenheit wie ein Kavaliersdelikt behandelt worden. Im Schmiergeldskandal beim Bau eines Klärwerkes in München, der in den neunziger Jahren Schlagzeilen machte, ist sogar ein Fall von gezielter Vertuschung aktenkundig.

Glaubwürdige Führungsfigur gebraucht

Um ein neues Klima zu schaffen, müsste Kleinfeld nach dem Debakel bei der Handysparte und der Aufregung um die üppige Gehaltserhöhung für den Vorstand aber bei sich selbst anfangen. Er müsste zeigen, dass es ihm nicht nur auf gute Zahlen im Konzern ankommt.

Sondern auch darauf, eine halbe Million Menschen glaubwürdig zu führen. Das Unternehmen bräuchte darüber hinaus einen Aufsichtsrat, der neue Wege mitgeht, notfalls ohne Pierer. Eines kann Siemens mit Sicherheit nicht: Alleine die Welt ändern, in der Korruption vielerorts blüht und gedeiht.

© SZ vom 11.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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