Kommentar:Wetten und verlieren

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Die Politik will die Zeit zurückdrehen und ihrer eigenen Sportwette Oddset nachträglich wieder jenes Monopol verschaffen, das längst verloren ist. Dabei sind zeitgemäße Regeln für ein Nebeneinander von staatlichen und kommerziellen Glücksspielen längst überfällig.

Klaus Ott

Bei der Weltmeisterschaft saß Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), noch einträchtig mit den Spitzen des Staates auf der Tribüne und schaute den Klinsmännern zu.

Jetzt ist die Party vorbei, und der graue Fußball-Alltag bringt Zwietracht mit sich wie schon lange nicht mehr. Der DFB und die Bundesliga bezichtigen die Politiker der "Doppelmoral", und das ist nachzuvollziehen.

Fußball und Staat streiten darum, wer Sportwetten veranstalten und an den wachsenden Umsätzen in der Glücksspielbranche teilhaben darf. Die Bundesländer wollen die Zeit zurückdrehen und ihrer eigenen Sportwette Oddset nachträglich wieder jenes Monopol verschaffen, das längst verloren ist.

Schutz vor der Spielsucht

Man müsse die Bürger davor schützen, der Spielsucht anheim zu fallen, sagen die Ministerpräsidenten. Das gehe nur, wenn man dieses Geschäft selbst betreibe und nicht privaten Anbietern überlasse.

Eine durchsichtige und scheinheilige Argumentation. Jahrelang hat es Edmund Stoiber und die anderen Regierungschefs nicht gekümmert, dass staatliche Casinos an Gästen verdient haben, die dem Spiel verfallen sind. Was zählte war, dass die eigenen Spielbanken und Lotterien möglichst viel Geld in die Landeskassen abführten.

Das soll so bleiben - vor allem deshalb gehen die Länder auf allen Ebenen und mit allen Mitteln gegen die privaten Anbieter vor. Als ob sie den Bürgern verbieten könnten, mittels Internet bei Betandwin in Österreich darauf zu tippen, ob die Münchner Bayern oder die Dortmunder Borussen das Auftaktspiel der Bundesliga am Samstag gewinnen.

Versäumnis

Die Landespolitiker haben es versäumt, zeitgemäße Regeln für ein geordnetes Nebeneinander von staatlichen und kommerziellen Glücksspielen zu schaffen.

Solche Regeln müssten alle Anbieter verpflichten, gegen die Spielsucht vorzugehen. Anachronistische Aktionen sind dafür kein Ersatz.

Aber auch der Fußballbranche steht ein schmerzlicher Lernprozess bevor. Der DFB möchte von Oddset weiter viel Geld für seine Amateure kassieren, während die Profis sich gerne von den privaten Wettgesellschaften aushalten lassen.

Kaum Abgaben

Letztere können sich locker teure Sponsorenverträge leisten, weil sie kaum Steuern zahlen, anders als Oddset. Weil keine Abgaben drücken, kann etwa Betandwin auch bessere Gewinnquoten als Oddset bieten; die Zocker laufen über.

Helfen würden nur international einheitliche Steuersätze, aber die bleiben auch im vereinten Europa wohl eine Illusion. Insofern dürfte die Staatswette der große Verlierer sein, und mit ihr der Amateursport.

© SZ vom 09.08.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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