Kommentar:Schröders Euro

Lesezeit: 2 min

Äußerungen des Bundeskanzlers zum Wechselkurs irritieren die Finanzmärkte.

Nikolaus Piper

(SZ vom 12.07.2003) — Der Bundeskanzler mag einen ausgeprägten Instinkt für Themen der Boulevardpresse haben, für die Stimmung an den internationalen Finanzmärkten scheint ihm dieser Instinkt zu fehlen.

Nur so ist es zu erklären, dass Gerhard Schröder sich in einem Interview der Financial Times Deutschland so ausgiebig zum Wechselkurs des Euro geäußert hat.

Zwar hat er die Europäische Zentralbank (EZB) tatsächlich nicht direkt aufgefordert, die Gemeinschaftswährung durch Deviseninterventionen gezielt zu verbilligen, aber er hat es ihr doch auf etwas verschwurbelte Weise nahe gelegt.

Spiel mit dem Vertrauen

Der entsprechende Satz reichte jedenfalls aus, um den Kurs gegenüber dem Dollar kurzfristig um einen halben Cent zu drücken: Er gehe davon aus, sagte Schröder, "dass die klugen Menschen in der Europäischen Zentralbank jeden Tag diskutieren, ob sie im Rahmen des Dollar-Euro-Wechselkurses genug tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exporte zu erhalten".

Notenbanker und Finanzminister haben es sich angewöhnt, Fragen nach dem Wechselkurs entweder gar nicht oder stereotyp zu beantworten: Wir sind an einem starken Dollar/Euro/Yen interessiert.

Der Grund ist, dass allein schon die Vermutung für erhebliche Unruhe sorgt, eine Regierung könne einen niedrigeren Wechselkurs "wollen", selbst wenn die Regierung gar nicht die Mittel dazu hat. Die Versuche von Schröders erstem Finanzminister Oskar Lafontaine, den Euro nach seinem Start herunterzureden, sind noch in leidvoller Erinnerung.

Währungspolitik ist eine Sache des Vertrauens, und dafür haben in erster Linie die Notenbanken zu sorgen. Die EZB ist unabhängig von politischen Anweisungen der Regierungen, um die gewählten Politiker gar nicht erst in Versuchung zu bringen, den Geldwert zu instrumentalisieren.

Trotzdem kann ein Regierungschef Währungen beeinflussen. Schröder repräsentiert die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone; wenn er den Eindruck erweckt, er brauche einen niedrigen Wechselkurs, um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Volkswirtschaft zu sichern, dann signalisiert er den Eingeweihten: Der hat's nötig. Oder: Der hat nicht begriffen, wo sein Problem liegt.

Im übrigen ist des Kanzlers Spekulation über die Konsequenzen des starken Euro auch von der Sache her falsch. Bei einem Kurs von 1,13 Euro mag die europäische Währung, gemessen an der Kaufkraft, ein wenig überbewertet sein, im historischen Maßstab ist sie überhaupt nicht teuer.

Von seinen Spitzenwerten hat er sich in den vergangenen Tagen ohnehin schon wieder entfernt. Die deutschen Exporteure mussten schon mit wesentlich ungünstigeren Wechselkursen leben. Natürlich hätten es viele Firmen leichter, wenn ein Euro nur 90 US-Cent kosten würde, aber tendenziell wird der Euro, wegen des amerikanischen Leistungsbilanzdefizits, eher wieder teurer werden.

Die deutsche Wirtschaft tut gut daran, sich darauf einstellen. Und der Bundeskanzler sollte nicht durch fahrlässige Bemerkungen zum Euro den Eindruck erwecken, er nehme es mit den Reformen gar nicht so ernst.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: