Kommentar:Nur unter Aufsicht

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Bayern will eine bundesweite Ernteausfallversicherung anstoßen, bei der Bund und Länder die Hälfte bezahlen. Das Vorhaben kann sinnvoll sein, aber nur dann, wenn der Geldgeber Staat über die Bedingungen mitentscheidet.

Von Herbert Fromme

Die bayerische Landesregierung will eine neue Versicherung für die Landwirtschaft einführen, die auch Schäden durch Dürre absichert. Die Beiträge sollen zur Hälfte von Bund und Ländern bezahlt werden, zur anderen Hälfte von den Bauern.

Die Lösung ist sinnvoll. Das gilt aber nur, wenn rigide Vorgaben eingehalten werden. Dazu gehört, dass die Regierungen regelmäßig überprüfen müssen, ob die Lösung sich bewährt hat. Eine strikte Kostenkontrolle muss ebenfalls Teil des Systems sein. Wenn der Staat einfach als Zahlmeister für eine Versicherung benutzt werden soll, die sich sonst nicht rechnet, sollten die Länder und Berlin die Finger davon lassen.

Man kann nachvollziehen, warum Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber den Vorstoß wagt. Trotz der Regenschauer der vergangenen Tage droht der Landwirtschaft auch 2019 eine Dürre ähnlichen Ausmaßes wie 2018, warnt der Deutsche Wetterdienst.

Ein System, bei dem der Staat nur zahlen darf, aber nichts zu sagen hat, wäre fatal

Im vergangenen Jahr haben Bund und Länder 340 Millionen Euro an Zuschüssen gezahlt, um die Folgen der Dürre zu mildern. Ministerin Kaniber schätzt den Einfluss der Bauernlobby gerade in den Unionsparteien richtig ein: Wenn keine andere Lösung gefunden wird, kommt der Staat für die Ausfälle auf. Eine private Ernteausfallversicherung mit staatlicher Beteiligung ist eine sinnvolle Alternative, die für Bund und Länder sehr wahrscheinlich billiger kommt als die ewigen Zuschüsse. Das gilt erst recht, da sie angesichts des Klimawandels künftig noch häufiger gefordert werden könnten.

Aber es sprechen eine ganze Reihe von Gründen gegen diese Lösung. Sie könnte den nötigen Wandel in der Landwirtschaft verzögern: Möglicherweise kümmern sich die Bauern dann nicht mehr darum, andere Feldfrüchte als bisher anzubauen, die dürreresistenter sind. Schließlich zahlt ja die Versicherung.

Eine vom Staat geförderte Versicherungslösung hätte auch den Nachteil, dass rein private Angebote sich nicht mehr lohnen, und die gibt es schon. Mindestens zwei Versicherer aus dem Lager der Sparkassen haben solche Policen. Allerdings sind sie nicht billig und wahrscheinlich auch kaum flächendeckend einzuführen. Das Risiko wäre zu groß, dass alle Bauern einer Region gleichzeitig einen Schaden anmelden - und damit den Versicherer in wirtschaftliche Probleme bringen.

Vor allem der weltgrößte Rückversicherer Munich Re drängt vehement auf eine gemischte Lösung. Er verweist auf halbstaatliche Programme in anderen Ländern. Eine deutsche Dürreversicherung würde international die Nachfrage steigern und damit der Munich Re nutzen.

Dennoch: Die Vorteile der gemischten Versicherungslösung überwiegen. Tatsächlich können Bund und Länder die Bauern nicht alleinlassen mit den katastrophalen Folgen des Klimawandels. Halbstaatliche Lösungen gibt es auch in anderen Bereichen: So übernimmt die Bundesregierung Schäden zwischen 2,5 Milliarden Euro und zehn Milliarden Euro beim Terrorversicherer Extremus, der Unternehmen und Immobilien versichert. Bis 2,5 Milliarden Euro zahlen private Versicherer. Wenn ein Terroranschlag zu höheren Ausfällen führt, kommt der Staat auf. Die Bundesrepublik erhält für diesen Schutz eine Versicherungsprämie.

Damit die neue Dürreversicherung im Interesse der Allgemeinheit funktioniert, sollten sich die Parteien auf eine Reihe von Voraussetzungen einigen, die auch künftige Regierungen binden. Bund und Länder müssen regelmäßig die Sinnhaftigkeit der Lösung überprüfen - und bereit sein, sie auch einzustellen, wenn sie nicht mehr nötig ist. Alle fünf Jahre sollte die Dürreversicherung überprüft werden. Auch bei Extremus und der Terrorversicherung wird die Staatsdeckung regelmäßig neu verhandelt.

Die Kosten der Versicherer, die das System organisieren sollen, müssen deutlich unter den 30 Prozent der Beiträge liegen, die sie heute für Vertriebs- und Verwaltungskosten berechnen. Es kann nicht angehen, dass der Steuerzahler mit einem Drittel der politisch gewollten Zuschüsse Provisionszahlungen und andere Kosten finanziert. Bei der ebenfalls vom Staat bezuschussten Riester-Rente gehört das zu den Schwachpunkten.

Damit Bund und Länder den bestmöglichen Deal erhalten, sollten sich die privaten Versicherer für den Betrieb der neuen Dürreversicherung bewerben müssen. Alle fünf Jahre müssen die Verträge neu ausgeschrieben werden. Denn ein System, bei dem die Versicherer wie bisher wirtschaften und der Staat nur zahlen darf, aber nichts zu sagen hat, wäre fatal.

© SZ vom 06.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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