Kommentar:Macht Platz

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Ein Start-up zu gründen und groß zu machen, dafür braucht es den genialischen Gründer. Etwas ganz anderes ist es, das Unternehmen erfolgreich zu stabilisieren. Wer das - wie Teslas Elon Musk - nicht kann, der muss gehen.

Von Caspar Busse

Am 7. August war Elon Musk auf dem Weg zum Flughafen, dort wartete seine Privatmaschine, um ihn zu einem Geschäftstermin zu bringen. Kurz vorher schickte der Gründer des Elektroautobauers Tesla per Twitter noch schnell eine Nachricht in die Welt: Er prüfe, ob er das Unternehmen von der Börse nehmen soll, die Finanzierung sei jedenfalls gesichert. Die Aufregung war sofort groß, der Aktienkurs ging erst deutlich rauf und stürzte dann ab. Inzwischen ermitteln sowohl das amerikanische Justizministerium als auch die US-Börsenaufsicht in dem Fall, ob alles mit rechten Dingen zuging. Es geht unter anderem um strafbare Kursmanipulation.

Musks Verhaltens ist unglaublich. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem er die operative Verantwortung für Tesla abgeben sollte. Ganz offensichtlich ist der charismatische Gründer, der neben Tesla auch noch andere spektakuläre Projekte wie unterirdische Hyper-Schnellzüge und Reisen ins All verfolgt, überfordert - zumindest mit dem Führen eines größeren Industrieunternehmens, wie es Tesla mittlerweile geworden ist.

Das Unternehmen aus dem Silicon Valley, das es als erstes schaffte, E-Autos weltweit zu einem hippen und begehrenswerten Produkt zu machen, und so etablierte Hersteller in die Enge treibt, braucht nun jemanden, der aus dieser genialen Gründeridee ein funktionierendes und stabiles Geschäftsmodell macht. Musk traut sich selbst fast alles zu, hier aber sollte er Konsequenzen ziehen.

Dabei ist Tesla kein Einzelfall. Es braucht oft erst mal einen unerschrockenen und genialen Gründer, einen verrückten Visionär, der herkömmliche Geschäftsmodelle "disruptet", wie es heute heißt, also ins Wanken bringt. Dann aber müssen - in der Regel - erfahrene Manager, weiblich oder männlich, das Kommando übernehmen, kühl kalkulierend, durchsetzungsstark, seriös. Es braucht besondere Fähigkeiten, ein Unternehmen, das rasant gewachsen ist, mit Tausenden Mitarbeitern und Milliardenumsätzen, zu führen (wovon auch mancher deutscher Mittelständler berichten kann). Geniale Gründer sind dabei oft ungeeignet. Es besteht die Gefahr, dass sie scheitern.

Die Google-Erfinder engagierten einst den seriösen Eric Schmidt

Das war zum Beispiel auch der Fall bei Uber, der Mitfahrzentrale. Travis Kalanick gründete die Firma im Jahr 2009, brachte sie nach vorne und wirbelte die gesamte Taxibranche durcheinander - auch mit markigen Sprüchen und einem Geschäftsverhalten, das manchmal an oder über die Grenzen ging. Doch nach einer langen Reihe von Skandalen drängten nicht zuletzt die Geldgeber Kalanick aus dem Vorstand, jetzt soll der ehemalige Chef des Online-Reiseanbieters Expedia, Dara Khosrowshahi, Ordnung in das Chaos bringen.

Oder Facebook: Gründer Mark Zuckerberg agiert auch nicht immer glücklich, insbesondere im Angesicht der berechtigten Kritik an den Praktiken des sozialen Netzwerks. Aber ohnehin organisiert das operative Geschäft seit Langem Sheryl Sandberg, die ehemalige Google-Managerin ist die starke Frau im Hintergrund - jemanden wie sie gibt es bei Tesla nicht.

Oder Google: Die beiden Gründer Larry Page und Sergey Brin holten 2001 den angesehenen Eric Schmidt, der zuvor das Softwareunternehmen Novell geführt hatte. Er ordnete die Dinge, baute neue Strukturen auf, verhandelte mit Investoren und Geldgebern, organisierte Firmenübernahmen - er wurde das seriöse Gesicht und hatte sicher großen Anteil, dass Google eine Macht in der digitalen Welt wurde.

Musk berichtete zuletzt von 120-Stunden-Arbeitswochen und den Vorzügen des Schlafmittels Ambien. Er sprach in einem Video über die Besiedlung des Weltalls, trank dabei Whiskey und zog an einem Joint (in Kalifornien ist das legal). Er fühlt sich mitunter verfolgt, sein Führungsstil wird als chaotisch bezeichnet, Nicht Wohlmeinende sind kritischer. Die Produktionsprobleme bekommt er nicht in den Griff. Ganz sicher ist Musk nicht der Richtige, um aus Tesla schnell einen erfolgreichen und weltweit agierenden Autohersteller zu machen - auf Augenhöhe mit BMW, Daimler oder Toyota. Dazu kommen die jetzt bekannt gewordenen Ermittlungen, die unabsehbare Risiken für ihn, aber auch für das Unternehmen bringen können. Im Interesse der Mitarbeiter und der Aktionäre - aber auch in seinem eigenen - sollte er schnellstens die Führung an andere übergeben.

© SZ vom 20.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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