Kommentar:Giftiges Erbe

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Bayer hat die Schlacht um Monsanto zwar gewonnen. Doch das allein wird für die Zukunft nicht reichen. Der neue Weltkonzern muss sich einer viel größeren Aufgabe stellen.

Von Silvia Liebrich

Der Übernahme von Monsanto durch Bayer steht nun nicht mehr viel im Weg. Nachdem die Aktionäre in dieser Woche zugestimmt haben, könnten die Wettbewerbsbehörden das Vorhaben zwar noch kippen, doch das gilt als unwahrscheinlich. Vieles spricht dafür, dass sie den Deal mit einigen Auflagen genehmigen werden. Bleibt noch der Unsicherheitsfaktor Donald Trump. Wie der künftige US-Präsident dazu steht, dass der größte Agrarkonzern der Welt in Zukunft von Deutschland aus gesteuert wird, dazu hat er sich noch nicht geäußert.

Die wichtigste Frage wird jedoch sein, welche Richtung der neue Großkonzern nun einschlägt. Strategisch liegen Bayer und sein umstrittener US-Konkurrent bislang auf einer Linie. Ihr erklärtes Ziel ist es, die Welt zu ernähren. Ein Anspruch, gegen den grundsätzlich nichts einzuwenden wäre. Problematisch ist jedoch, dass sie dies vor allem mithilfe von Gentechnik und Pestiziden erreichen wollen. Das ist engstirnig und gefährlich. Hält Bayer daran fest, verhärten sich die Fronten noch mehr. Auf der einen Seite die Agrarindustrie, die fest daran glaubt, ihr Weg sei der einzig richtige. Auf der anderen Seite jene, die eine ressourcenschonende und umweltfreundliche Landwirtschaft ohne Gift und Gentechnik fordern.

Realistisch betrachtet wird sich die Ernährung wohl weder allein mit ökologischem noch mit hoch industrialisiertem Anbau sichern lassen. Die Landwirtschaft der Zukunft braucht Vielfalt, Flexibilität und eine friedliche Koexistenz der Anbausysteme. Doch genau daran mangelt es. Kein anderer Agrarkonzern hat mit seiner aggressiven Gentechnik-Strategie in den vergangenen Jahrzehnten weltweit so viel Unmut auf sich gezogen wie Monsanto. Auch Bayer hat sich mit viel Geld an Kampagnen beteiligt, um die Kennzeichnung von Gentech-Food in den USA zu verhindern. In Deutschland, wo eine große Mehrheit Gentechnik im Essen ablehnt, kommen solche Aktionen nicht gut an.

Der neue Weltkonzern Bayer muss sich als Dienstleister aller Bauern verstehen

Bayer bekommt nun mit der Übernahme die Chance, die tiefen Gräben wieder zuzuschütten - mit einem Strategiewechsel, der auch hilft, das giftige Erbe von Monsanto abzuschütteln. Bisher haben sich beide Firmen vor allem auf den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln in Verbindung mit gentechnisch-verändertem Saatgut konzentriert. Ein Modell, das schon jetzt an sichtbare Grenzen stößt. Monokulturen und ein hoher Einsatz von Pestiziden und Dünger strapazieren die Böden, gefährden die Wasserreserven und bedrohen die Artenvielfalt.

Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Landwirtschaft umweltfreundlicher werden muss. Biolebensmittel sind bei Verbrauchern gefragter denn je. Nicht nur Biobauern verlangen geeignete Produkte, um ressourcenschonender zu wirtschaften. Doch Bayer und Monsanto haben es vernachlässigt, diese Nachfrage zu bedienen. Und nicht nur das, sie haben die ökologische Landwirtschaft mit ihrem Geschäftsmodell bekämpft - und sich damit auch selbst geschadet.

Bayer hat die Schlacht zwar gewonnen und wird der größte Anbieter von Saatgut und Pestiziden. Doch das allein wird nicht reichen, um die enormen Aufgaben zu bewältigen, die Klimawandel, Wassermangel und Umweltzerstörung mit sich bringen. Ernährungssicherheit ist entscheinend, um Flüchtlingskrisen zu verhindern. Dafür bedarf es weitsichtiger Agrarkonzerne, die sich als Dienstleister aller Bauern und Farmer sehen, verantwortungsvoll und frei von Ideologien. Darin besteht die eigentliche Herausforderung für den neuen Weltagrarkonzern Bayer.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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