Kommentar:Ein Präzedenzfall

Lesezeit: 2 min

Die Wettbewerbsklage des Musikdienstes Spotify gegen Apple ist aufsehenerregend und wichtig. Gerade im Internet muss Wettbewerb gesichert werden.

Von Caspar Busse

Man habe viele Monate geprüft, hin und her überlegt, erzählt Daniel Ek. Es sei keine leichte Entscheidung gewesen, aber er habe schließlich keine andere Wahl gehabt. Der Gründer und Chef des populären Musikstreamingdienstes Spotify hat Beschwerde gegen Apple bei der EU-Kommission eingelegt. Er wirft dem iPhone-Konzern - immerhin einer seiner wichtigsten Geschäftspartner - unfaire Wettbewerbspraktiken vor, die Amerikaner würden Spotify massiv behindern.

Die Beschwerde von Spotify ist ein aufsehenerregender und wichtiger Schritt - und es ist auch ein Präzedenzfall, der für das Wettbewerbsrecht im Internet von großer Bedeutung ist. Die EU-Kommission sollte deshalb nun schnell und genau prüfen - und dann auch hart vorgehen, genauso hart wie gerade im Fall Alstom/Siemens. Die beiden Unternehmen wollten ihre Zugsparten fusionieren, um sich als sogenannter europäischer Champion gegen den deutlich größeren Konkurrenten aus China zu wappnen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager untersagte das Vorhaben, der Wettbewerb in Europa würde massiv eingeschränkt, so ihre Argumentation.

Gerade Internetkonzerne haben eine fatale Tendenz zur Monopolisierung

Immerhin geht es bei Spotify um ein Unternehmen, das bereits eine Art europäischer Champion ist: Die Firma, vor rund zehn Jahren vom Schweden Daniel Ek gegründet, ist eines der wenigen Internetunternehmen aus Europa, die auch international an der Spitze stehen. Rund 200 Millionen Nutzer hat der Musik-dienst, gut die Hälfte davon zahlen monatliche Abogebühren.

Das Problem: Apple ist Konkurrent und Partner zugleich. Die Amerikaner sind selbst mit ihrem eigenen Musikdienst ein direkter Konkurrent von Spotify, betreiben aber gleichzeitig die Plattform, über die Spotify an die Apple-Nutzer gelangt. Wenn Nutzer bei Apple die Spotify-App herunterladen und sich registrieren, verdient Apple mit und behält 30 Prozent ein. Auch die direkte Kundenbeziehung liegt bei Apple, nicht bei Spotify. Werbeaktionen beispielsweise seien damit für Spotify nicht möglich, auch Updates seien blockiert worden. Die Schweden haben ihre Abogebühren deshalb erhöhen müssen und sind nun deutlich teurer als Apple Music, das ist schlecht fürs Geschäft. Die Amerikaner nutzten ihre dominierende Stellung somit gezielt aus und benachteiligten den Konkurrenten Spotify, so der Vorwurf.

Es geht also um Macht und um viel Geld. Apple, einer der mächtigsten und größten amerikanischen Tech-Konzerne, hat immerhin rund eine Milliarde Kunden. Es geht aber darüber hinaus auch um Grundsätzliches.

Gerade die großen Plattformanbieter im Internet, in einer Welt also, in der es vor allem um Daten geht, haben eine fatale Tendenz zur Monopolisierung. Je größer sie werden, desto erfolgreicher sind sie. Bei der Suchmaschine Google ist das gut zu beobachten: Je mehr Menschen mit Google suchen, desto besser und passender werden die Suchergebnisse, das erhöht wiederum die Attraktivität. Konkurrenten sind irgendwann chancenlos.

Ein zusätzliches Problem entsteht, wenn der Plattformbetreiber selbst Interessen hat und mit seiner beherrschenden Stellung den Rivalen Bedingungen diktieren kann. Das ist nicht nur bei Apple und Spotify so, sondern auch bei Amazon. Der weltweit größte Onlinehändler verkauft seine eigenen Waren, betreibt aber gleichzeitig den sogenannten Amazon-Marketplace für Drittanbieter. Das Bundeskartellamt prüft gerade - übrigens auch auf viele Beschwerden hin, ob Amazon hier wettbewerbswidriges Verhalten nachgewiesen werden kann, weil Dritten, die sonst keine Alternative haben, Bedingungen diktiert werden. Dass Kartellamtspräsident Andreas Mundt und seine Leute die Sache ernst nehmen, zeigt gerade erst der Fall Facebook. Dem Betreiber des weltweit größten sozialen Netzwerks wurde auferlegt, dass Daten, die aus verschiedenen Quellen stammen, nicht einfach zusammengeführt werden dürfen. Das könnte das Geschäftsmodell von Facebook künftig durchaus beeinträchtigen.

Das Problem: Die Verfahren dauern zu lange, jenes gegen Facebook beispielsweise drei Jahre, und es ist noch nicht zu Ende: Die Amerikaner haben Widerspruch eingelegt. Das Kartellrecht ist schwerfällig und müsste renoviert werden. Die Mühe aber würde sich lohnen, Wettbewerb ist gerade im Internet wichtig. Profitieren werden vor allem die Verbraucher.

Immerhin: Vestager sagte am Donnerstag in Berlin, sie nehme den Fall Spotify/Apple sehr ernst, es werde genau geprüft. Ein gutes Zeichen.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: