Kommentar:Druck von der Quelle

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Noch kontrollieren die Autohersteller über ihre Vertragshändler den Verkauf ihrer Produkte. Das könnte sich mit dem Start des Internet-Handels bei Quelle ändern. Dabei nutzt das Fürther Versandhaus geltendes EU Recht.

Karl-Heinz Büschemann

(SZ vom 11.06.2003) — Ist es der pfiffige Werbegag eines Versandhauses, oder steht der Autohandel vor einer Wende? Seit Dienstag bietet die Quelle AG Personenwagen an und das mit Preisabschlägen von bis zu 22 Prozent gegenüber dem Listenpreis.

Dabei fällt auf, dass die elf Autos aus dem Quelle-Katalog von Konzernen wie VW oder Ford stammen, die größten Wert darauf legen, dass ihre Fahrzeuge über eigene Händler vertrieben und nicht im Einzelhandel verschleudert werden. Im Katalog findet sich selbst ein Smart aus dem vornehmen Reich von Mercedes-Benz, wo man erst recht Wert auf exklusive Kundenbeziehungen legt.

Die betroffenen Autohersteller sind über den Vorstoß des Versenders, der sich die Autos in ganz Europa zusammenkauft, alles andere als glücklich. Sie erklären, dieser Vertriebsweg entspreche nicht ihrer Firmenstrategie, in der die Vertragshändler eine zentrale Rolle spielen.

Doch Ford, VW & Co können nicht vollständig verhindern, dass Quelle sich über einen Partner die Autos günstig im Ausland zusammenkauft. Die Äußerungen der Pkw-Bauer, die Aktion sei nichts als ein billiger PR-Trick, wirken eher hilflos.

Gravierende Änderungen im Handel

Im Autohandel gehen gravierende Veränderungen vor sich. Die europäischen Grenzen sind gefallen, dadurch wird es für die Autobauer schwerer, in verschiedenen Ländern unterschiedlich hohe Preise zu verlangen. Die EU hat viele ärgerliche Einschränkungen des Wettbewerbs im Autohandel abgeschafft.

Das Internet sorgt für hohe Transparenz der Preise. Und obendrein leidet die Branche unter Absatznöten. Der Druck auf die Preise ist in dieser Industrie ungewohnt brutal.

Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass schon bald alle Autohändler pleite gehen, weil die Pkw-Käufer ihre Fahrzeuge nur noch per Mausklick, bei Aldi oder anderen Einzelhandelsketten kaufen. Viele Kunden werden weiterhin über genügend Geld verfügen, eine Luxuslimousine mit zahllosen Extras beim Vertragshändler zu bestellen und dafür ihren Preis zu zahlen.

Massiver Preisdruck

Aber die Welt ändert sich, auch weil die Menschen ihr Geld heute weniger leicht verdienen als noch vor ein paar Jahren. In Zukunft werden mehr Käufer die Gelegenheit nutzen, sich ein gängiges Standardauto zu einem möglichst günstigen Preis von der Stange zu kaufen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele tausend Fahrzeuge Quelle und andere pro Jahr absetzen und dem Handel wegschnappen. Entscheidend ist, dass die neuen Konkurrenten den gesamten Autohandel unter massiven Preisdruck setzen werden.

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