Kommentar:Der Wert von Kaufhof

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Metro will seine Warenhaustochter Kaufhof loswerden. Zwei Investoren wollen unbedingt einsteigen und bieten sich hoch. Aber ist das auch gut für Kaufhof?

Von Caspar Busse

Es ist eine komfortable Situation, in der sich Olaf Koch, der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro, gerade befindet. Schon lange will Metro die Warenhauskette Kaufhof loswerden, sie passt nicht mehr in seine Strategie. Bereits Kochs Vorgänger Eckhard Cordes hatte die Trennung von der Traditionsfirma, deren Ursprünge bis ins Jahr 1879 zurückgehen, angekündigt. Doch jahrelang passierte wenig oder nichts.

Jetzt plötzlich gibt es gleich zwei Interessenten, die beide unbedingt zum Zuge kommen wollen und so den Preis in die Höhe treiben. Die Entscheidung, ob das kanadische Handelsunternehmen Hudson's Bay das Rennen bei Kaufhof macht oder der österreichische Investor René Benko, dem bereits der Konkurrent Karstadt gehört, wird möglicherweise schon bald fallen. Was gibt es Schöneres für einen Verkäufer als ein Bieterrennen? Am Ende könnte Koch nach jetzigem Stand bis zu 2,9 Milliarden Euro für Kaufhof erlösen - ein ziemlich guter Preis, wenn man bedenkt, dass dem Kaufhaus alter Prägung schon oft das sichere Aus vorhergesagt worden ist.

Ob Benko oder Hudson's Bay: Keiner der Interessenten ist womöglich gut für Kaufhof

Was schön für Metro ist, muss nicht unbedingt auch gut für Kaufhof mit seinen etwa 21 000 Mitarbeitern in 135 Kaufhäusern sein. Auch wenn Metro-Chef Koch und seine Kollegen unermüdlich betonen, es gehe bei dem Verkauf nicht allein um einen guten Preis, sondern vor allem auch um ein "nachhaltiges Konzept". Beide Interessenten sind durchaus kritisch zu sehen. Die Arbeitnehmervertreter sind zu Recht alarmiert und stellen bereits Forderungen.

René Benko hat im vergangenen Jahr vom amerikanischen Investor Nicolas Berggruen den Konkurrenten Karstadt erworben. Der steht zweifellos deutlich schlechter da als Kaufhof. Der Umsatz geht schon lange zurück, es werden Verluste gemacht, es geht ums Überleben. Immer wieder muss saniert werden, einige Häuser wurden bereits geschlossen, die Mitarbeiter mussten erhebliche Zugeständnisse machen.

Der Plan Benkos ist offensichtlich: Er will aus Kaufhof und Karstadt ein gemeinsames Unternehmen machen. Eine sogenannte Deutsche Warenhaus AG soll schlagkräftig sein und sich am Markt behaupten.

Doch Zweifel an dem Konzept sind angebracht. Kann ein Zusammenschluss Karstadt retten? Oder wird damit nicht auch der zuletzt besser laufende Kaufhof in Probleme gestürzt? Und können beide Seiten ihre Standort- und Beschäftigungsgarantien, die sie geben wollen, auch einhalten? Wahrscheinlicher wäre in diesem Fall doch eher das Aus für viele Warenhäuser - insbesondere dort, wo Kaufhof und Karstadt heute mit Standorten, oft in unmittelbarer Nachbarschaft, vertreten sind und sich gegenseitig Konkurrenz um die Kunden machen.

Dieses Problem hat Hudson's Bay nicht. Die Kanadier betreiben in Nordamerika mehr als 300 Geschäfte, dazu gehört seit Kurzem auch die amerikanische Luxuskette Saks Fifth Avenue. Das Unternehmen, ebenfalls in Besitz eines Finanzinvestors, will nun außerhalb von Kanada und den USA expandieren, der Kauf von Kaufhof wäre der erste Schritt. Das ist auch das Problem: Die Kanadier kennen den deutschen Einzelhandel kaum. Dabei gilt dieser als einer der schwierigsten überhaupt.

Deutsche Konsumenten sind speziell, sie achten sowohl auf den Preis als auch auf Qualität, die Konkurrenz ist hart. Konzepte, die im Ausland Erfolg haben, scheitern hierzulande. So musste einst Walmart, der größte Handelskonzern der Welt, seine Expansion in Deutschland nach schweren Rückschlägen wieder abblasen, die Amerikaner zogen sich zurück. Ähnlich erging es dem Briten Andrew Jennings. Er galt jahrzehntelang als international angesehener Warenhaus-Spezialist, war unter anderem auch Chef von Saks Fifth Avenue, versuchte sich dann drei Jahren lang in Deutschland als Karstadt-Sanierer - ohne Erfolg.

Ohnehin stellt sich die Frage, ob das Warenhaus alter Prägung mit dem Alles-unter-einem-Dach-Konzept überhaupt eine Zukunft hat. Der Internethandel wächst, die Kunden bestellen immer mehr Dinge im Netz und lassen sie sich schicken. Besuchen sie einmal ein Geschäft, dann geht es oft um das Einkaufserlebnis, um Spezialberatung, um ein besonderes Sortiment. Will das Warenhaus bestehen, muss es sich ändern- mit einer anderen Strategie und Investitionen.

Der eigentliche Schatz des Kaufhof-Deals ist ein anderer: Knapp die Hälfte aller Kaufhof-Immobilien werden mit verkauft - und die liegen meist in bester Innenstadtlage.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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