Kommentar:Der Traum vom billigen Gas

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Die Deutschen sollten sich nicht darauf verlassen, dass Schröders Freund im Osten die Preise für Energie ohne Not senken wird.

Karl-Heinz Büschemann

Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Staatspräsident Wladimir Putin sind den ersten Schritt zum Bau einer neuen Gasleitung von Russland nach Deutschland gegangen.

Das passt in die Zeit. Es herrscht Wahlkampf und Schröder freut sich, wenn ihm ein ausländischer Staatsgast die Gelegenheit gibt, sich als Politiker zu profilieren, der etwas für die Energieversorgung tut.

Neben dem Parteienstreit um Steuern und Arbeitsmarkt sind die explodierenden Preise für Rohöl und Erdgas das größte Ärgernis dieses Sommers.

Weltweit wichtigster Lieferant

Was kann da schöner sein für den Kanzler, als gemeinsam mit seinem Freund Wladimir den Bau einer Röhre zu feiern, die die Gaslieferungen aus Russland schon in ein paar Jahren verdoppeln könnte. Nur sollten die Hoffnungen nicht allzu groß sein, dass die neue Leitung die Preise für Energie in Deutschland zu senken hilft.

Es ist ein Vorteil, wenn eine große Industrienation wie Deutschland ihre Energieversorgung verbessert. Das seit dreißig Jahren aus Russland kommende Erdgas hat einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung der Bundesrepublik geleistet und zur Verbesserung der Umwelt beigetragen.

Die Verbrennung von Gas ist ökologisch wesentlich weniger bedenklich als das Verfeuern von Öl oder Kohle. Das Geschäft hat aber auch Russland geholfen und die Wirtschaftsbeziehungen zu dem wichtigen Nachbarn der EU befördert. Die deutschen Importe aus Russland bestehen heute zu zwei Dritteln aus Erdöl und Gas.

Aber die Deutschen sollten sich nicht darauf verlassen, dass dieser Freund im Osten die Preise für Energie ohne Not senken wird. Die Russen wissen, dass sie einer der wichtigsten Lieferanten von Erdgas in der Welt sind und sie haben keinen Anlass, ihren wichtigen Energieträger zu verschleudern. Auch die Hoffnungen mancher deutscher Politiker, man könnte in Verhandlungen dafür sorgen, dass die Russen die Koppelung von Öl- und Gaspreisen aufgeben werden, ist unrealistisch.

Die Manager des staatlichen russischen Ölkonzerns Gazprom sagen öffentlich, dass eine Entkoppelung der Energiepreise den Gaspreis sogar noch stärker treiben könnte als bisher. Auch dass der deutsche Gasmarkt im Wesentlichen von dem Düsseldorfer Konzern Eon-Ruhrgas beherrscht wird, der selbst an Gazprom beteiligt ist, macht es unwahrscheinlich, dass die Gaspreise in Deutschland in absehbarer Zeit deutlich sinken.

Auf dem deutschen und dem europäischen Energiemarkt ist Wettbewerb mehr Wunsch als Wirklichkeit. Die neue Pipeline wird daran nicht viel ändern.

© SZ vom 09.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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