Kommentar:Champions gesucht

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Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ruft die Politik dazu auf, die Voraussetzungen für einen europäischen Bankchampion zu schaffen. Doch die Debatte lenkt von den eigentlichen Problemen ab - zum Beispiel davon, dass es in Deutschland zu viele Banken gibt.

Von Meike Schreiber

Es gibt in einer globalisierten Wirtschaft einige wenige Argumente, warum ein Land wie Deutschland unbedingt ein großes, internationales Kreditinstitut braucht. Eines lautet: Mit Hilfe solch einer Bank ließe sich über Fusionen ein "europäischer Champion" schaffen, die Voraussetzung dafür aber sei eine einheitliche Regulierung in der EU. So hat es Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing gerade wieder gefordert. Im ersten Moment klingt es logisch, neben Industriekonzernen wie EADS oder Siemens-Alstom auch weitere grenzüberschreitende Finanzkonglomerate in Europa zu schmieden. Und auch der Gedanke, solche Bankchampions seien dringend nötig, um Unternehmen im Kampf gegen die zunehmend unkalkulierbare Konkurrenz aus den USA und China zur Seite zu stehen, wirkt bestechend. Tatsächlich aber lenkt die Debatte von den wahren Herausforderungen der deutschen Banken ab. Und dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Erstens muss die Deutsche Bank zunächst selbst wieder auf die Beine kommen, bevor sie sich mittels einer komplizierten Fusion zu einem europäischen Champion aufschwingen kann. Denn die hiesigen Geldhäuser sind derart schwach, dass sie bei einer grenzüberschreitenden Fusion bestenfalls Juniorpartner wären. Im Sinne des großen Ganzen könnte man das als weniger wichtig abtun. Man sollte sich darüber aber im Klaren sein, schließlich geht es auch um Arbeitsplätze.

Zweitens ist Europas Geschichte längst reich an verpatzten Bankfusionen. Es gab den Versuch der drei Großbanken Royal Bank of Scotland, Fortis und Santander, die vor zehn Jahren die niederländische ABN Amro unter sich aufteilen wollten: Für die ersten beiden Institute endete das Wagnis in der Notverstaatlichung. Oder die Commerzbank, die Jahre gebraucht hat, bis sie die auf politischen Druck hin übernommene Dresdner Bank integriert bekam. Oder die Deutsche Bank, die sich noch immer abmüht, die Postbank einzubauen. Zu oft schon sind Banken entstanden, die so kompliziert waren, dass sie sich kaum steuern ließen oder so groß wurden, dass sie im schlimmsten Fall vom Steuerzahler gerettet werden müssten.

Es geht drittens am Thema vorbei, wenn Sewing nun eine "einheitliche Regulierung" als Voraussetzung für Bank-Champions fordert. Mit der Banken- und Kapitalmarktunion hat die Politik bereits Grundlagen für grenzüberschreitende Fusionen unter Banken geschaffen: eine gemeinsame Aufsicht sowie gleiche Regeln zur Bankenabwicklung oder für den Kapitalmarkt. Dieser Prozess läuft noch, es fehlen eine EU-Einlagensicherung, und noch immer pflegt jeder nationale Bankenaufseher seinen eigenen Stil. Aber all das steht wirtschaftlich sinnvollen Fusionen nicht im Wege. An der Stelle kann man ruhig auf den Markt vertrauen.

Europas Finanzgeschichte ist reich an verpatzten Bankenfusionen

Es gibt - viertens - bereits mehrere Bankchampions in Europa. Diese sind sehr wohl in der Lage, Europas Unternehmen beim Export zu unterstützen, sie bei großen Übernahmen oder Börsengängen zu beraten und den Wall-Street-Häusern etwas entgegenzusetzen. Auch sie haben grenzüberschreitend Rivalen übernommen, zu Zeiten, als von der Bankenunion noch gar nicht die Rede war. Zum Beispiel ING aus den Niederlanden, die mit der Tochter Diba im deutschen Privatkundengeschäft gute Ergebnisse abliefert. Oder BNP Paribas aus Frankreich, die hierzulande fast 5000 Mitarbeiter beschäftigt. Oder Santander aus Spanien, die weltweit präsent ist. Selbst die Deutsche Bank ist nicht weg vom Fenster, geht es um große Anleiheplatzierungen oder die Beratung von Konzernen. Die Commerzbank wiederum ist nach wie vor ein wichtiger Partner des Mittelstandes.

Wenn am Ende doch ein Appell an die Politik stehen soll, dann der, sich mit den Ursachen des schwachen deutschen Bankensystems auseinanderzusetzen. Die wichtigste Ursache liegt sicherlich im Missmanagement bei den beiden großen Banken. Und die zweitwichtigste Ursache ist nun mal: Es gibt in Deutschland zu viele und mit den Sparkassen auch noch zu viele staatliche Banken. Seit Jahrzehnten stehen die Kreditinstitute in harter Konkurrenz zueinander. Bevor die Bundesregierung in Berlin loslegt, einen europäischen Bankenchampion unter Beteiligung der Deutschen Bank zu formen, sollte die Politik sich um die Schaffung regionaler Champions bemühen.

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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